Archiv der Kategorie: Buchmarkt & Lesen

Lebenspralle Literatur: Anton Kalt und der „Hasenkuckuck“ aus Dortmund-Aplerbeck

Gastautor Heinrich Peuckmann über einen lesenswerten, heute aber nahezu unbekannten Schriftsteller aus dem 1929 nach Dortmund eingemeindeten Aplerbeck:

Mitte der 1970er gab es in Unna eine denkwürdige Lesung aus dem wohl besten Buch, das der „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ in seiner damals stark beachteten Fischer-Taschenbuchreihe jemals herausgegeben hat. „Der rote Großvater erzählt“ hieß dieses Buch und vereinigte Geschichten von Siegen und Niederlagen der Arbeiterbewegung, dargestellt an Einzelschicksalen.

Gleich drei Autoren dieses Bandes lasen ihre Geschichte in Unna vor. Da war zuerst Bruno Gluchowski, wichtiger Autor der „Dortmunder Gruppe 61“ und dem Werkkreis freundschaftlich verbunden, dessen Romane „Blutiger Stahl“ und „Der Honigkotten“ nicht eigens empfohlen werden müssten, wenn im Literaturbetrieb Bücher über die Arbeitswelt nur ein wenig Beachtung fänden.

GroßvatGluchowski las … Weiterlesen

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„Der totale Rausch“: Erhellendes Buch über Drogenkonsum in der NS-Zeit

Es ist ganz offensichtlich ein blinder Flecken in der wissenschaftlichen Forschung über das NS-Regime, dem sich der Schriftsteller Norman Ohler in seinem Buch „Der totale Rausch“ zuwendet. Der Absolvent der Hamburger Journalistenschule ist bei Recherchen in diversen Archiven (u.a. Militärarchiv Freiburg, Bundesarchiv in Koblenz) auf bislang unbeachtete oder unbekannte Dokumente aus der Nazi-Zeit gestoßen, die Rückschlüsse auf enormen Drogenkonsum zulassen.

Rauschgifte waren nicht nur unter NS-Größen verbreitet, sondern auch beim Volk und den Soldaten. Sie alle kamen ganz legal an Mittel, die heute unter Bezeichnungen wie Crystal Meth existieren. Damals hieß der Stoff Pervitin. Die methamphetaminhaltigen Substanzen wirkten leistungssteigernd, hellten die Stimmung auf, verringerten das Schlafbedürfnis drastisch und förderten schließlich auch die Libido.

ohlerJanusköpfige Haltung

Wer nicht so sehr auf … Weiterlesen

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„Das Lachen der Täter“: Klaus Theweleits Gedanken zur monströsen Mordlust

Wir erinnern uns schemenhaft: Damals, ab 1977, haben praktisch alle links bewegten Leute Klaus Theweleits „Männerphantasien“ gelesen oder wenigstens darin geblättert und sich die Köpfe heiß geredet.

Da ging es um soldatisch zugerichtete Männerkörper und ihre Panzerungen, um ihre psychophysische Angst vor Fragmentierung und Auflösung, die sie dann als entgrenzte Gewalt nach außen kehrten – nicht nur in beiden Weltkriegen. So ungefähr. In zwei Bänden mit 1174 Druckseiten war das natürlich alles ungleich differenzierter und vielfältiger ausgeführt.

Klaus Theweleit bei seiner Lesung in Dortmund. (Foto: BB)

Klaus Theweleit bei seiner Lesung in Dortmund. (Foto: BB)

Klaus Theweleit (73) ist sich offenkundig treu geblieben. Noch immer wandelt er konsequent auf den Spuren seines einstigen Kultbuches, dessen Grundlinien er mit neuen Akzenten bis in unsere Gegenwart fortführt. Jetzt war er zu … Weiterlesen

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Über alle Gegensätze hinweg – Andreas Maiers Huldigung „Mein Jahr ohne Udo Jürgens“

Da schreibt ein viel beachteter Belletrist im hochrenommierten Suhrkamp-Verlag ein ganzes Buch über – Udo Jürgens. Ja, ist der Schlagermann denn überhaupt literarisch themenwürdig?

Das fragt sich Andreas Maier (zuletzt: „Die Straße“, „Der Ort“) auch selbst unentwegt, der gelinde Zweifel ist konstitutiver Bestandteil des Buches „Mein Jahr ohne Udo Jürgens“. Doch zugleich erfahren wir von einer Art – nun, nennen wir es ruhig beherzt „Erweckung“, die den am 21. Dezember 2014 gestorbenen Musiker mehr und mehr als quasi überzeitliches, dem Alltag enthobenes Phänomen wahrnimmt, in dem gleichsam alle Gegensätze aufgehoben sind… Nanu?

42519Als Kind hatte Andreas Maier noch Jürgens’ Erfolgslied „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ vernommen. Dann setzte eine langjährige Pause ein, in der derlei Klänge nur noch peinlich waren. Die … Weiterlesen

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Wenn’s beim Lesen nicht mehr raschelt – meine Erfahrungen mit dem E-Paper

Glaube niemand, ich hätte das alles einfach so gemacht. Nein, ich habe mich rundum abgesichert. Bevor ich mein Print-Abo einer überregionalen Tageszeitung in ein tägliches E-Paper umgewandelt habe, habe ich mir jederzeitige Rückkehrmöglichkeit zusagen lassen. Wenn ich wollte, könnte ich schon morgen wieder Druckerschwärze an den Fingern haben…

Außerdem liegen nach wie vor zwei andere Blätter morgens papieren auf dem Tisch, so dass der Entzug ohnehin nicht total ist.

Nun habe ich schon eine etwas längere Geschichte mit dem bedruckten Zeitungspapier. In meinen journalistischen Berufsanfängen habe ich noch Mettage und Bleisatz kennen gelernt, habe noch etliche Jahre auf herkömmlichen Schreibmaschinen gehackt, bevor dann nach und nach all die technischen Neuerungen Einzug hielten. Anfangs kamen einem selbst Faxe vor, als stammten … Weiterlesen

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Flucht vor dem Drogenkartell – in die gar nicht so idyllische Provinz

Das seit Jahren vermisste Mädchen Gesa war für die meisten Bürger in dem beschaulichen Bad Iburg längst in Vergessenheit geraten, als Andreas Atlas plötzlich wieder in dem Städtchen mitten im Teutoburger Wald auftaucht. Er hatte sich einst kurz nach dem Verschwinden der damals 18-jährigen aus dem Staub gemacht. Als er nun in seine alte Heimat zurückkehrt, holt ihn die Vergangenheit wieder ein, aber nicht nur ihn, sondern auch Bekannte und Kollegen aus früheren Zeiten.

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Andreas Atlas ist die Hauptfigur in Martin Calsows neuem Krimi, der von sehr unterschiedlichen Handlungssträngen lebt und recht eigenartige Persönlichkeiten aufzubieten hat. Das fängt schon bei Atlas selbst an. Er ist ein Mann des Bundeskriminalamtes, war als verdeckter Ermittler auf das mexikanische Drogenkartell angesetzt. Ihm gelingt … Weiterlesen

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Bumsfideler Bergmann anno 1971: „Laß jucken Kumpel“ – der etwas andere Arbeiterroman

Revierpassagen-Gastautor Heinrich Peuckmann, Dortmunder Schriftsteller, erinnert – nicht zuletzt aus eigener Erfahrung – an die Romane des Bergkamener Bergmanns Hans Henning („Moppel“) Claer und an deren Verfilmungen:

Es war die große Zeit der politischen Arbeiterliteratur, wie sie von der „Dortmunder Gruppe 61“ mit Max von der Grün, Josef Reding oder Günter Wallraff ins Leben gerufen wurde und anschließend vom „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ mit klar gewerkschaftlicher Zielsetzung fortgesetzt wurde. Es war der Versuch, mittels Literatur dem Arbeiter die Klassenbedingtheit der bundesrepublikanischen Wirtschaftsordnung klar zu machen.

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Da erschien plötzlich ein ganz anderer Arbeiterroman, geschrieben von dem Bergkamener Bergmann Hans Henning Claer, den seine Kumpels auf der Zeche nur „Moppel“ nannten. „Laß jucken Kumpel“ hieß dieser Roman, und er zeigte nicht … Weiterlesen

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Vom Rückfall in die Barbarei – Heinz Helles Endzeit-Roman „Eigentlich müssten wir tanzen“

In eine verstörende Endzeit-Situation zieht der Schweizer Autor Heinz Helle die Leser in seinem zweiten Roman „Eigentlich müssten wir tanzen“, der für den Deutschen Buchpreis nominiert war und diese Auszeichnung durchaus verdient gehabt hätte.

Eine Gruppe von fünf Freunden, eine typische Männerrunde, verabredet sich zu einem Wochenende in einer abgelegenen Berghütte, und als sie wieder zurück wollen in ihren Alltag, finden Sie eine zerstörte Welt vor. Abgebrannte Häuser und Wälder, Leichen überall, kein Trinkwasser und keine Lebensmittel.

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Durch diese Endzeit-Welt versuchen sich die Männer durchzuschlagen – aber wohin?

Nach und nach geht die Hoffnung verloren, nach und nach verschwinden die Reste der Zivilisation im Verhalten der nun ehemaligen Freunde, ohne moralische Skrupel liefern sie den jeweils anderen seinem Sterben aus.… Weiterlesen

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„Mörderische Mandelhörnchen“ – Krimi-Spürnase Maria Grappa stillt den Hunger

Schön gemütlich eingemuckelt auf der Couch liegen. Ein gutes Buch in den Händen halten. Klammheimlich denken: Och ja, jetzt watt zu schnuckern, datt wär et doch. Sie kennen das.

Besonders perfide ist dieses latent unterschwellig vorhandene Hüngerchen, wenn ein Krimi die Säfte so richtig fein in Wallung bringt. Was gäbe man da nicht um ein bißchen Nervennahrung. Noch perfider kann das Gabriella Wollenhaupt. Ihre Hauptfigur, die patente Polizeireporterin und Nebenbei-Kriminalistin Maria Grappa, ist den leiblichen Genüssen zugeneigt, gerne und oft geht es in den Grappa-Krimis ums Essen. Mal wird im Bierstädter Freundeskreis lecker gekocht, mal holen die Kollegen sich was Nettes vonne Bude, mal wird ein Liebhaber verwöhnt, mal hat ein Verdächtiger ein Sterne-Restaurant und muss natürlich vor Ort observiert … Weiterlesen

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Ein Weihnachtsmann und Musik, die Leben rettet – Frank Goosen kann’s auch besinnlich

Der Weihnachtsmann ist in der Regel ein unglücklicher nicht mehr ganz junger Mann, der wegen eines abgebrochenen Studiums das Geld braucht. Weiß man doch, das hat sich mittlerweile rumgesprochen. Genauso ist es auch im Supermarkt umme Ecke. Dort hockt Holger, der Ex-Student ohne Abschluss, ohne Perspektive, ohne Freundin, ohne Familie – dafür aber mit kratzigem Kunstbart und Perücke. Und dann muss er sich auch noch von rotznäsigen Blagen erpressen lassen. Kann ein Heiligabend schlimmer beginnen? Wohl kaum.

Aber es kann nur besser werden. Wenn man zum Beispiel auf dem Heimweg vom Weihnachtsmann-Job den echten Weihnachtsmann trifft. Der heißt Udo, sein Bart ist mehr schmuddelig grau als weiß und auch sonst ist er nicht die gepflegteste Erscheinung. Dafür hat er eine … Weiterlesen

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Nein, die ausgelutschte Überschrift „Bücher für den Gabentisch“ machen wir aus Prinzip nicht…

Beileibe keine Stapelware, doch stapelbar: die hier vorgestellten Bücher, unterschiedslos aufgetürmt. (Foto: Bernd Berke)

Beileibe keine Stapelware, doch stapelbar: die hier vorgestellten Bücher, unterschiedslos aufgetürmt. (Foto: Bernd Berke)

Das Fest der Bücher naht. Daher hier und jetzt (statt ausführlicher Besprechungen, für die jetzt eh kaum jemand Zeit hat) noch schnell einige adventliche Kurzvorstellungen. Wir beschränken uns ausnahmsweise auf Empfehlungen, „Verrisse“ wird man hier also vergebens suchen. Die gibt’s demnächst wieder. Versprochen. Auf geht’s, zunächst und zuvörderst mit gehobener Belletristik, vorwiegend für versierte Leser(innen):

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Jürgen Becker: „Jetzt die Gegend damals“. Journalroman (Suhrkamp, 162 Seiten, 19,95 Euro). Der gebürtige Kölner, Büchner-Preisträger von 2014, verfasst beileibe keine leichten, aber sehr eindringliche Lektüren. Es ist abermals sein Alter ego namens Jörn Winter, mit dessen Hilfe Jürgen Becker auf produktive Halbdistanz zur eigenen Lebensgeschichte geht. Dabei entsteht erneut jene … Weiterlesen

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Der Schmerz nach dem Terror hört niemals auf – Zeruya Shalevs erschütternder neuer Roman

Iris steht als Schulleiterin mit beiden Beinen im Leben. Sie ist eine selbstbewusste Frau, hat zwei Kinder großgezogen, und in einer eher freudlosen Ehe erträgt sie die Macken und Marotten ihres Ehemanns mit stoischem Gleichmut.

Doch hinter der Fassade lauern lange verdrängte Verletzungen und kaum erträgliche Schmerzen, deren Ursachen weit in der Vergangenheit liegen: Vor 30 Jahren, da war Iris fast noch ein Kind, hat Eitan, ihre erste große Liebe, sie von einem auf den anderen Tag verlassen. Und vor 10 Jahren wurde Iris Opfer einer Terror-Attacke, als ein Selbstmord-Attentäter sich mitten in Jerusalem in die Luft sprengte.

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Nur knapp hat Iris dieses fürchterliche Inferno aus abgetrennten Gliedmaßen und Blutlachen überlebt. Bis heute wird sie, wenn sie sich die grausamen … Weiterlesen

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Das Elend des Authentischen: „Träumen“ – noch so ein Lebensroman von Karl Ove Knausgård

Um Karl Ove Knausgård ist ein regelrechter Hype entstanden. Sein sechsteiliger Roman-Zyklus wurde in Norwegen, einem Land von gerade einmal 5 Millionen Einwohnern, über 500.000 Mal verkauft. In Amerika und England schwärmen Kritiker in höchsten Tönen, und die Schriftstellerin Zadie Smith meinte, sie sei „süchtig“ und „brauche den nächsten Knausgard-Band wie Crack“. Jetzt ist auf Deutsch „Träumen“, der fünfte Band der literarischen Autobiografie erschienen, die im norwegischen Original den für deutsche Ohren arg befremdlichen und provokanten Titel „Min Kamp“ („Mein Kampf“) trägt.

Gerade im digitalen Zeitalter, wo Selbstdarstellung und Voyeurismus suchtartige Züge tragen und viele Menschen zwar unzählige virtuelle Freunde haben, aber kaum noch realen Kontakte pflegen, scheint ein großes Bedürfnis nach authentischer, unverstellter Wirklichkeit zu bestehen.

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Wenn Knausgård in … Weiterlesen

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Rohstoff des Lebens – das intime „Kronos“-Tagebuch des Witold Gombrowicz

Vom polnischen Weltautor Witold Gombrowicz („Ferdydurke“, „Trans-Atlantik“, „Pornographie“) gibt es zwei Tagebücher. Eines war für die Öffentlichkeit bestimmt, ein anderes eigentlich nur für den eigenen Gebrauch. In der Ausgabe des Hanser Verlags tragen diese Aufzeichnungen den Titel „Kronos. Intimes Tagebuch“. Doch wer da nach Enthüllungen lechzen sollte, wird unweigerlich enttäuscht werden.

Gombrowicz (1904-1969) hat von 1939 bis 1963 im argentinischen Exil gelebt. Vor allem um diesen Zeitraum und um die Jahre seit der Rückkehr nach Europa (vorwiegend Frankreich) geht es im vorliegenden Tagebuch. Das gewichtige Wort „Kronos“ deutet aufs Vergehen der Zeit hin. Und auf dem Titelumschlag steht „Gombrowicz“ ohne Vornamen; ganz so, als wäre das ein Markenzeichen sondergleichen. Was ja auch stimmt.

Wuchernde Fußnoten

Es handelt sich hierbei größtenteils … Weiterlesen

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Gerhard Mensching: Germanist, Puppenspieler, Romanautor – eine wehmütige Erinnerung

Revierpassagen-Gastautor Heinrich Peuckmann, in Bergkamen lebender Schriftsteller, erinnert an den 1992 verstorbenen Bochumer Autor und Germanisten Gerhard Mensching, der viele seiner Studenten nachhaltig beeinflusst hat:

Romane und Erzählungen von Gerhard Mensching zu lesen, löst bei mir Freude und Wehmut zugleich aus. Freude, weil es ein schönes Leseerlebnis ist, sich mit den phantasievollen Geschichten dieses Autors, die immer auch mit der Realität spielen, zu beschäftigen. Wehmut, weil ich an der Ruhruniversität in Bochum bei Mensching Germanistik studiert habe. Nein, nicht einfach nur studiert, sondern er und seine Seminare haben mich geprägt.

Vieles, was ich später als Schriftsteller an Kenntnissen und Techniken gebraucht habe, habe ich mir bei ihm aneignen können. Nach meinem Examen haben wir uns für einige Jahre aus … Weiterlesen

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Der Bewahrer und seine Hoffnung: Katharina Hackers berührender Roman „Skip“

skipSkip Landau mag Dinge, die er anfassen kann und zieht sie vielem anderen vor. So ist er Architekt geworden, in Israel hat er sich im ausgehenden letzten Jahrhundert einen Namen damit gemacht, gemeinsam mit palästinensischen Handwerkern alte Häuser mit viel Liebe zum Detail zu renovieren.

Aufgewachsen ist er in Paris, als Erwachsener ging er nach Israel und gründete in Tel Aviv eine Familie. Mittlerweile lebt er in Berlin und kümmert sich dort für seinen Chef um den Erwerb und die Renovierung alter Bausubstanz. Sein Name ist ihm so etwas wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

„To skip“ bedeutet im Englischen springen, etwas überspringen und so fühlt er sich auch. Eine richtige Zugehörigkeit zu definieren fällt ihm schwer, allenfalls bezeichnet er … Weiterlesen

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Indonesien auf der Buchmesse: Ein kleiner Verlag präsentiert einen Roman über Bali

Ein deutscher Beitrag zum Schwerpunkt "Indonesien" der Frankfurter Buchmesse: Lothar Reichels Roman "Insel der Dämonen" entführt den Leser nach Bali. Buchcover: Verlag Peter Hellmund

Ein deutscher Beitrag zum Schwerpunkt „Indonesien“ der Frankfurter Buchmesse: Lothar Reichels Roman „Insel der Dämonen“ entführt den Leser nach Bali. Buchcover: Verlag Peter Hellmund

Die edelsten Perlen finden sich tief unten im Meer. Die indonesischen Perlentaucher wissen das. Der deutsche Buchmarkt, dessen große Verlage derzeit auf der Frankfurter Buchmesse ihre Neuerscheinungen präsentieren, taucht nicht immer so tief. Dort grast man gerne die Oberfläche ab, wo wächst, was sich geschmeidig der Strömung anpasst. Und so kommt es, dass eine schüchterne Perle in einer winzigen Nische zu finden ist. Ein Glück, dass es solche wagemutigen Verleger noch gibt.

Das Buch ist ein deutscher Beitrag zum Schwerpunkt „Indonesien“ der diesjährigen Buchmesse. Es widmet sich Asiens Ferieninsel Nummer eins: Bali. Vier Millionen Besucher jährlich … Weiterlesen

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„Literaturhaus Herne Ruhr“ zwischen Salonkultur und Stadtmarketing

Die Einladung zum Pressegespräch über den am 7. Oktober 2015 gegründeten Verein „Literaturhaus Herne Ruhr“ erfolgte durch die Stadtmarketing Herne GmbH. Die so ganz und gar nicht graue Eminenz dieses auf den Eintrag im Vereinsregister wartenden Vereins ist allerdings die Unternehmerin Elisabeth Röttsches.

Mit der „Alte(n) Druckerei“ und der Buchhandlung Köthers & Röttsches bereichert sie seit Jahren die Kulturszene der Stadt Herne. Jetzt aber planen sie und ihre Mitstreiter mehr: In Herne nämlich, „mitten im Herzen des Ruhrgebietes“, soll bald ein neues „Literaturhaus“ etabliert werden, „einzigartig in der ganzen Region“. Ein hoher Anspruch, der inspirieren, aber auch leicht dazu führen könnte, dass man sich verhebt – nicht nur sprachlich.

Gründergeist & Mut: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“

Zunächst jedoch … Weiterlesen

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Für die Benachteiligten schreiben: Die Werkstatt Dortmund im „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ – eine Erinnerung

Der „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ war in den 1970er und 1980er Jahren ein wichtiges Projekt der Gegenwartsliteratur. Unser Gastautor Heinrich Peuckmann, damals selbst langjähriges Mitglied des Kreises, erinnert an die rege Dortmunder Werkstatt:

Es war Horst Hensel aus Kamen, der die Dortmunder Werkstatt im „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ Ende Oktober 1970 gegründet hat. Im Jahr zuvor, noch als Student in München, hatte er von dem Schreibaufruf „Dein Arbeitsplatz – wie er ist und wie er sein sollte“ gehört und sein Betriebstagebuch von Hoesch eingeschickt, das er während seiner Zeit als Werkstudent geschrieben hatte.

Initiiert hatten den Wettbewerb oppositionelle Autoren in der „Dortmunder Gruppe 61“, denen Kurs und Programm zu wenig politisch waren und die kurz darauf, weil ihre Kritik abgelehnt … Weiterlesen

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Vom Hörspiel zum Buch: „Task Force Hamm“ als Sammelbecken polizeilicher Problemfälle

E_Schmidt_Task Force Hamm_02.indd Tatort Hamm? In der ARD? Noch nie gesehen? Aber gehört vielleicht schon. Die „Task Force Hamm“ gehört zu den Ermittlerteams des ARD Radio-Tatorts und wird im Rahmen dieser Hörspielserie vom WDR ins Rennen geschickt. Jeden Monat gibt es in den Rundfunkanstalten der ARD ein neues Tatort-Hörspiel, in denen ein Ermittlerteam mit starken regionalen Bezügen Verbrechen aufklärt. Zu den beliebtesten Teams dieser Radio-Reihe gehört die Task Force Hamm. Der Erfinder des Hammer Teams, Dirk Schmidt, verfasste bisher zahlreiche Kriminal-Hörspiele und Drehbücher. Seine „Task-Force Hamm“ fand großen Anklang und hat eine Reihe treuer Fans. Mit „Ertränkt, Erhängt, Erschossen“ liegt nun der erste Fall in gedruckter Form vor. Adaption mal andersrum. Meistens liegt ja erst ein Buch vor, welches dann verfilmt oder vertont … Weiterlesen

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„Endlich Dortmund!“ – ein Stadtführer in Klecks- und Kritzel-Optik

Noch’n Stadtführer über Dortmund? Und dann noch einer, der sich „Endlich Dortmund!“ nennt; ganz so, als hätten wir alle seit jeher auf ihn gewartet. Aber vielleicht ist ja vor allem gemeint, dass man mit seiner Hilfe endlich richtig in der Stadt ankommt.

Am Werk war jedenfalls ein recht junges fünfköpfiges Team (Jahrgänge zwischen 1983 und 1990). Da der Band offenbar vorwiegend für (studentische) Neuankömmlinge gedacht ist, hat der Verlag auch auf ein möglichst frisch-fröhliches Erscheinungsbild geachtet, man könnte auch von Klecks- und Kritzel-Ästhetik sprechen. Einige Male finden sich ringförmig gedruckte Kaffeeflecken im Text. Echte fallen dann nicht mehr so auf. Der praktische Nutzen ist nicht zu leugnen.

Layout 1Es herrscht allzeit ein launiger, „flotter“ Tonfall, der von etwaigen Problemen und Schattenseiten … Weiterlesen

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Von der Kunst in der Fremde – Gine Selles Roman „Ausflug ins Exil“

CoverGine Selle ist bildende Künstlerin – eigentlich. Nun legt die Dortmunderin ihren ersten Roman vor. „Ausflug ins Exil“ handelt von Chile heute und Deutschland gestern, von starken Frauen und der Kunst, das Leben zu meistern.

Gine Selle: Schon ihr Schaffen als bildende Künstlerin ist ungewöhnlich vielfältig. In den vergangenen Jahren arbeitete die 49-Jährige mit Fotografie, Film und Audios. Sie malt und zeichnet, lithographiert und collagiert, knüpft und kopiert. Sie verschickt künstlerisch gestaltete Postkarten an Phantasie-Adressen und schaut, was mit ihnen passiert („Das Rückkehrer-Projekt“). Ebenso breit ist ihr Themenspektrum: Sie beschäftigte sich mit Kommunikation im Allgemeinen und Höhlenmalerei im Besonderen, mit Familienkonstellationen, mit dem Bayerischen Wald (ihrer zweiten Heimat) und, als ausgebildete Heilpraktikerin, mit Medizin-Themen. Das klingt wahllos, ist es jedoch … Weiterlesen

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Stipendium – zu spät: Bloke Modisane, ein südafrikanischer Autor in Dortmund

Unser Gastautor Heinrich Peuckmann über ein bewegendes Autorenschicksal – und ein weithin unbekanntes Seitenstück Dortmunder Literaturgeschichte:

Es ist eine Geschichte, die mich tief betroffen gemacht hat damals. Und ganz ist sie nie gewichen, denn wenn sie mir wieder einfällt, die Geschichte, ist sie wieder da, diese Betroffenheit. Ganz unvermittelt geschieht das, während einer Autofahrt zum Beispiel, während eines Spaziergangs, während der Wartezeit auf einen Bus oder eine Straßenbahn. Unauslöschlich haben sich die Bilder in mein Gedächtnis eingeprägt.

Die Geschichte begann mit einem Brief, den ich unerwartet erhielt. Ich war Vorsitzender des Schriftstellerverbandes in meiner Region, deshalb hatte der Schreiber mich als Adressaten ausgesucht.

Bloke Modisanes bekanntestes Buch "Blame me on History" (deutsch: "Weiß ist das Gesetz")

Bloke Modisanes bekanntestes Buch „Blame me on History“ (deutsch: „Weiß ist das Gesetz“)

„Lieber Heinrich Peuckmann“, schrieb … Weiterlesen

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Ohne Wachstum und gewaltfrei leben: „Das konvivialistische Manifest“

Eine neue Zeit der Manifeste scheint gekommen. Nach Stéphane Hessels manifestartigem Pamphlet „Empört Euch!“ und dem „Akzelerationistischen Manifest“ erschien im September 2014 in deutscher Übersetzung „Das konvivialistische Manifest“, das inzwischen mehr als 2.500 Unterzeichner gefunden hat.

Seit Ivan Illichs Veröffentlichung von „Tools of Conviviality“ (dt.: „Selbstbegrenzung. Eine politische Kritik der Technik“, 1975) ist Konvivialität im politisch/soziologischen Diskurs – mehr noch im anglo- und frankophonen Bereich als in Deutschland – ein fester Begriff. Ein Jahr vor Illichs Erstpublikation des Buchs in den USA (1973) war der Bericht für den Club of Rome, „Die Grenzen des Wachstums“, erschienen, der seitdem in mehreren Neuauflagen aktualisiert worden ist, dessen Einschätzungen und implizite Warnungen bis heute jedoch nichts an Dringlichkeit eingebüßt haben.

Cover Konvivialistisches Manifest

Ausgehend von einem … Weiterlesen

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Da weiß man, was man hat: Gabriella Wollenhaupt legt den 25. „Grappa“-Krimi vor

Bereits zum 25. Mal schickt Gabriella Wollenhaupt ihre Maria Grappa los, damit diese gestandene Polizeireporterin über ein Verbrechen nicht nur berichtet, sondern auch zur Aufklärung wesentlich beiträgt.

 Im Jubiläumsband „Grappa und die stille Glut“ begegnen Maria Grappa dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit, die leider nicht nur in erotischen Tänzen münden, sondern grausame Morde nach sich ziehen. Das Sommerloch beherrscht auch das Bierstädter Tageblatt und Maria Grappa behilft sich gerade mit einer Serie über Stalking-Opfer. Bei ihr meldet sich ein Pfarrer, dessen Story Auflage verheißt. Er wird von einer 72-jährigen Frau verfolgt, die ihm unter anderen mit erotischen Tänzen in seinem Vorgarten auflauert. Doch was zunächst noch halbwegs witzig anmutet, wird schnell bitterer Ernst. Noch bevor Maria Grappa zu recherchieren beginnen … Weiterlesen

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Frühe Salinger-Stories erstmals auf Deutsch – ein schmales Buch von begrenztem Nutzen

Das Sujet seiner Kurzgeschichten in dem schmalen Band „Die jungen Leute“ scheint zunächst einmal wenig auffällig zu sein, handelt es sich doch um kleine Ereignisse und Begegnungen aus dem Alltag. Doch durch seine Erzählkunst gelingt es Jerome David Salinger, den Texten eine besondere Note zu geben.

Zum einen zeichnet sie ein gesellschaftskritischer Blick auf das Leben aus, zum anderen braucht der Autor keine langatmigen Passagen, um die einzelnen Charaktere zu beschreiben. Das erledigen sie selbst durch ihre Sätze, ihre Gesten und den Umgang miteinander. Ob es sich um einen Streit unter Geschwistern handelt oder um eine zufällige Partybekanntschaft, die Ereignisse weisen über sich hinaus und die Figuren lassen erkennen, wie fragwürdig für sie bestimmte Verhaltensformen und Gewohnheiten geworden sind. Das … Weiterlesen

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„Nach Feierabend“: Der Dienstschluss gebiert etliche Ungeheuer

Haben wir uns nicht alle schon mal gefragt, was die Kolleginnen und Kollegen eigentlich nach Feierabend machen? Dann also, wenn sie den Betrieb oder das Büro hinter sich gelassen haben…

Jetzt gibt’s ein Buch, das sich dieser Frage annimmt und schlichtweg „Nach Feierabend“ heißt. Der Verlag nennt die Texte der beiden Journalistinnen Kathrin Spoerr (48) und Britta Stuff (35) einen „Roman“. Das Etikett gilt seit jeher als verkaufsfördernd. Von „Kurzgeschichten“ mag fast niemand mehr reden.

nachfeierabend

Die Autorinnen gehen die ganze Hierarchie einer fiktiven Berliner Firma durch – vom Poststellen-Mitarbeiter bis zur stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, vom Personalchef bis zur Pförtnerin, welchletztere eine schriftstellerische Laufbahn anstrebt und ihre blühende Phantasie zu abenteuerlichen Bestseller-Plots aufstachelt. Denke dabei bloß niemand an den realen Bochumer Schauspielhaus-Pförtner … Weiterlesen

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„Im großen Stil“: Abgründiger Kunstmarkt-Krimi in Wien und Berlin

Der Schlaf der Vernunft, das wusste schon Goya, gebiert Ungeheuer. Zum Beispiel einen Kunstmarkt, der seltsame Blüten treibt. Da tummeln sich dubiose Händler, notorische Fälscher und gewissenlose Gefälligkeitsgutachter, dreiste Diebe, großspurige Mäzene und milliardenschwere Sammler.

Wo Kunst zur Geldmaschine wird, sind auch Gier und Neid nicht weit. Das müssen auch die Wiener Inspektorin Anna Habel und der Berliner Kommissar Thomas Bernhardt erfahren. Nachdem fast zeitgleich ein Kunstgutachter in Wien und ein Kunsthändler in Berlin ermordet werden, versinken die beiden Polizisten in einem Sumpf aus Hass und Intrige, Geldgier und Rachsucht. Denn wo „Im großen Stil“ Kunst verkauft wird, wird nicht nur gefälscht und geklaut, gelogen und betrogen, sondern auch blutig gemordet.

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„Im großen Stil“ ist der vierte Fall für das … Weiterlesen

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Hach! Hihi! Huch! – Mal wieder ein Buch zur putzigen Dingwelt der 70er und 80er

Von dieser Buchsorte gibt es schätzungsweise 123 Editionen, jetzt mal bewusst niedrig geschätzt. Immer wieder erinnern sich Leute, die gerade etwas älter zu werden drohen, der Dingwelt ihrer Kinder- und Jugendtage. Hach! Hihi! Huch!

Sie finden die Signaturen der eigenen Vergangenheit wahlweise ein klein wenig bedeutsam oder auch putzig, Mischformen inklusive. Heftiges Augenzwinkern ist dabei ein Muss. Bloß nichts wirklich ernst nehmen, bloß keine Kulturkritik. Schmankerl sind gefragt. Auch Wehmut sollte, falls vorhanden, stets flott ironisiert werden.

Dinge die es so nicht mehr gibt von

Im Prinzip werden immer wieder dieselben Dinge aufgestöbert und launig durchgehechelt, vorzugsweise Gegenstände wie Wählscheiben-Telefon, Telefonzelle, Super-8-Kamera, Diskette, Flipperautomat, Audiokassette, zeitgeistige Süßigkeiten, dazu kultige Werbespots und TV-Serien.

So auch im neuen Band „Dinge, die es (so) nicht mehr gibt“, in dem auch all … Weiterlesen

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„Die Abräumer“: Realistischer Krimi um den Tod einer Bankräuberin in Dortmund

Man muss sich schon ein bisschen bemühen, um bei Thomas Schweres‘ neuem Krimi „Die Abräumer“ den Überblick zu behalten.

Schon gleich zu Beginn tauchen eine Menge Personen auf, von denen man meinen könnte, sie hätten eigentlich nichts miteinander zu tun. Ein recht zwielichtiger wirkender TV-Journalist, ein Taxiunternehmer, mitunter reichlich eigenwillige Mitarbeiter des Geldinstituts „Sparbank“ und Beschäftigte der Dortmunder Stadtverwaltung…

Autor Thomas Schweres (Foto: privat)

Autor Thomas Schweres (Foto: privat)

Nach wenigen Seiten gibt es das erste Opfer. Eine Frau namens Michaela Schmidt, die gerade zuvor besagte Bank überfallen und mehrere Tausend Euro mitgenommen hat, wird auf der Flucht erschossen.

Kommissar Schüppe, der auch schon in Schweres erstem Krimi „Die Abtaucher“ ermittelt hat, merkt schon bald, dass es sich um einen komplexen Fall handelt. Die Bankräuberin … Weiterlesen

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Politik und Privates in der englischen Provinz um 1850 – ein Roman von Anthony Trollope

Die englische Provinz-Gesellschaft um die Mitte des 19. Jahrhunderts muss ein skurriles Typen-Kabinett gewesen sein.

trollope

Diesen Schluss jedenfalls legt (auch) Anthony Trollopes 1855 erschienener Roman „The Warden“ nahe, der unter dem beinahe biedermeierlich anmutenden Titel „Septimus Harding, Spitalvorsteher“ auf Deutsch vorliegt, und zwar in der allzeit beachtenswerten Bibliothek der Weltliteratur des Manesse Verlages.

Der ungemein disziplinierte Vielschreiber Trollope (1815-1882), hauptberuflich ein umtriebiger und reisefreudiger Postbeamter, der immerhin 47 Romane verfasste und mithin an Balzacsche Dimensionen heranreichte, führt uns abermals ins fiktive westenglische Städtchen Barchester, dessen Bewohner er überaus detailverliebt beschreibt.

Vorangeschickt sei noch dies: Handwerklich ist der weltläufige Mann, der – ein geradezu modernes Konzept – ganze Romanserien mit gleich bleibendem Personal ins Werk setzte, sozusagen über jeden Zweifel erhaben. … Weiterlesen

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Ziellose Odyssee – „Otis“, der Debüt-Roman des Blumfeld-Sängers Jochen Distelmeyer

Otis,  Jochen Distelmeyer Es gibt Bücher, die einen ratlos zurücklassen, bei deren Lektüre man sich ernsthaft fragt, was in aller Welt der Autor hat mitteilen wollen.

Schlimmer noch: Wollte er dem Leser überhaupt etwas mitteilen oder wollte er einfach nur mal all seine Gedanken aufschreiben und loswerden? Am allerschlimmsten: Wenn man am Ende des Romans angelangt ist, es nicht ungern gelesen und sich nicht gelangweilt hat, aber trotzdem nicht weiß, ob einem das Buch gefallen hat, ob man aus der Lektüre jetzt etwas für sich mitnimmt. So ein Buch ist für mich „Otis“, der erste Roman von Jochen Distelmeyer, dem hochgelobten Sänger und Texter der ehemaligen? wiedervereinigten? (man weiß es derzeit nicht so genau) Hamburger Band Blumfeld.

Distelmeyer erzählt vom Leben, Wirken, und … Weiterlesen

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Der Geschichte ein Gesicht geben: Erinnerung an eine Dortmunder Lesung mit Günter Grass

Die Revierpassagen sind nun mal ein Blog mit regionalem Schwerpunkt im Ruhrgebiet. Daher hier eine kleine Erinnerung an einen Auftritt des heute verstorbenen Günter Grass im Harenberg City Center zu Dortmund. Wer dabei war, wird heute daran denken: Es war am Sonntag, 19. September 1999; drei Tage, bevor ihm der Literaturnobelpreis zugesprochen wurde. Ich schrieb damals für die „Westfälische Rundschau“:

Dortmund. Immenser Andrang zur neuesten Folge der Reihe „Kultur im Tortenstück“ im Dortmunder Harenberg City Center: Als Günter Grass aus seinem Buch „Mein Jahrhundert“ las, lauschten ihm über 500 Menschen andächtig. Wäre mehr Platz gewesen, so wären gewiss doppelt so viele gekommen.

Zuerst fielen die Farben auf: Nicht nur, weil im Hause zugleich eine Ausstellung mit Grass’ Lithographien und seinen … Weiterlesen

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Abschied vom „lebenslustigen Pessimisten“ – zum Tod des Schriftstellers Günter Grass

Es gab Zeiten, da war sein Ruhm kaum noch zu steigern. Als Günter Grass im Herbst 1999 den Literaturnobelpreis bekam, war er auf dem Gipfel der weltweiten Reputation angelangt. Heute ist Deutschlands gewichtigster „Großschriftsteller“ der Gegenwart mit 87 Jahren gestorben.

Über die Toten nur Gutes, heißt es. Doch manches kann und soll man nicht verschweigen: Die moralische Instanz, die Grass über Jahrzehnte gewesen ist, hat leider Risse bekommen. Sein allzu spätes Eingeständnis, mit 17 Jahren Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein, hat die Nation im Sommer 2008 wochenlang bewegt. Vor allem auch konservative Gestalten, die der betont linksliberale Grass zuvor vielfach mit seinen (zuweilen auch polemischen) Äußerungen verärgert hatte, witterten nun ihre Chance auf Revanche. Sie warfen ihm anmaßende Selbstgerechtigkeit … Weiterlesen

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Geistig angereicherte „Stellensuche“ – André Comte-Sponvilles kleine Sex-Philosophie

978-3-257-06924-2Was macht ein Philosoph, wenn er mal ordentlich abverkaufen will? Richtig, er schreibt ein Buch, das beispielsweise so heißt: „Sex. Eine kleine Philosophie“.

Andererseits hat man in lüsterner Laune relativ wenig mit Philosophie im Sinn. Egal. Der Franzose André Comte-Sponville, ehemals Philosophie-Professor an der Sorbonne, hat ein Buch herausgebracht, das auf Deutsch just so heißt wie oben erwähnt.

Und was steht drin?

Nun, zunächst der Versuch einer Definition von Sexualität an und für sich. Beim Menschen ist sie bekanntlich von der bloßen Fortpflanzung entkoppelt, sie speist sich zudem aus dem Trieb, weniger aus Instinkt. Obwohl wir immer auch Tiere bleiben. Auch behalte der Sex – aller rüden Pornographie zum Trotz – stets einen Rest an Geheimnis.

Na, und so weiter.… Weiterlesen

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Auf Frankfurts „Golanhöhen“ – Marc-Oliver Bischoff beendet seine Krimi-Trilogie

450_Bischoff_Golan_mit_button_rgb Man muss nur tief genug in der Vergangenheit des Kriminalkommissars wühlen, dann findet man schon den Mörder. So scheint seit einiger Zeit ein unumstößliches Krimi-Gesetz zu lauten. Egal, ob man „Tatort“ einschaltet oder einen Kriminalroman aufschlägt – ohne persönliche Verwicklungen der ermittelnden Personen geht es anscheinend nicht mehr. Der unbeteiligt ermittelnde Kommissar wurde wohl in Rente geschickt.

Da macht auch der neue Roman „Golanhöhen“ von Marc-Oliver Bischoff aus der bewährten Dortmunder-Krimi-Schmiede (Grafit Verlag) keine Ausnahme. Aber soviel vorab: Dies ist auch schon der einzige zu bemängelnde Punkt und zugegebenermaßen auch persönlichem Überdruss geschuldet. Davon abgesehen, ist das Buch nämlich ein außerordentlich gut gemachter Krimi, angemessen düster, intelligent aufgebaut und erzählt.

„Golanhöhen“ ist der dritte Teil von Bischoffs Frankfurt-Trilogie. Während in … Weiterlesen

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Im Zweifel für das Leben: Ian McEwans neuer Roman „Kindeswohl“

Für die Londoner Familienrichterin Fiona Maye gehören komplizierte juristische Fragen zum Alltag, doch der Fall des Adam Henry ist besonders bizarr. Sein Schicksal steht im Zentrum von Ian McEwans Roman „Kindeswohl“.

Der 17jährige Adam Henry ist an Leukämie erkrankt. Eine ihn rettende Bluttransfusion lehnen seine Eltern und auch er selbst aus religiösen Gründen kategorisch ab. Die Familie gehört zu den Zeugen Jehovas, die mit Verweis auf Worte der Bibel einen solchen medizinischen Eingriff untersagen. Die behandelnde Klinik kann und will sich mit der Verweigerungshaltung nicht zufrieden geben und stellt einen Eilantrag, die Blutübertragung durchführen zu dürfen. Aufgrund des gesundheitlichen Zustandes des jungen Patienten dulde die Entscheidung keinen Aufschub, betont das Hospital.

Auf den nun folgenden Seiten, 30 an der Zahl, … Weiterlesen

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Ein paar Gedanken (und Gefühle) bei Durchsicht meiner Büchersammlung

Vor einem Umzug kommt man schon mal auf die Idee, seine Bücher einer Revision zu unterziehen. Um vielleicht „Ballast“ abzuwerfen. Oder auch nicht.

Ein Kernsatz beim Sortieren bemisst sich vorwiegend am Bauchgefühl: Werde ich wohl jemals wieder in dieses Buch hineinsehen? An den Rändern der Sammlung sind mit der Zeit unscharfe Zonen entstanden, in denen sich Bücher gleichsam nur noch versteckt halten und schlotternd auf Nicht-Entdeckung hoffen. Ha! Die sollen mich kennen lernen.

Doch Vorsicht, nichts überstürzen: Denn viele dieser Bücher gehören mehr oder minder zu meiner Biographie. Auch wenn es nicht samt und sonders literarische Gipfelwanderungen sind.

Was muss man in Reichweite haben?

Die großen „Klassiker“ aus allen Zeiten bis in die Gegenwart bleiben selbstverständlich im Fundus. Auch die … Weiterlesen

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„Nachkriegskinder“: Das fortwährende Leiden unter den Soldatenvätern

Die Kölner Journalistin Sabine Bode (WDR, NDR) hat ganz offenkundig seit langem das Themenfeld ihres Lebens gefunden – und intensiv durchpflügt. Ihr liegen die deutschen Kriegs- und Nachkriegskindheiten am Herzen, mithin die mehr oder minder verborgenen Verheerungen, die der Zweite Weltkrieg auch noch im Seelenleben von Nachkommen der Täter angerichtet hat.

9783608980394Eines ihrer Sachbücher heißt „Nachkriegskinder“. Der bereits 2011 erschienene Band ist ein mehr als heimlicher Verkaufserfolg, er hat kürzlich bereits die sechste Auflage erreicht. Bevor man es nun weiterhin versäumt, ihn zu entdecken und zu empfehlen, bespricht man ihn lieber doch noch. Besser spät, als nie.

Tatsächlich leben ja auch noch enorm viele Menschen, die hier zumindest Bruchstücke aus ihren Biographien wiederfinden können, geht es doch laut Untertitel um … Weiterlesen

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Draußen vor der Stadt: Landwehren, Ballspiele und Müllabfuhr im 16. Jahrhundert

Landwehren sind lang gestreckte Erdwälle, die im Mittelalter angelegt wurden, um das Territorium gegen Eindringlinge zu schützen oder um Räuberbanden die schnelle Flucht vor allem mit Fuhrwerken zu vereiteln. Darüber erschien hier vor drei Jahren bereits ein Artikel als „historisches Stichwort“. Jetzt gibt es zu diesem Thema ein sehr informatives neues Buch, dem sich interessante Einzelheiten entnehmen lassen. Das Werk entstand nach einer Fachtagung der Altertumskommission für Westfalen.

Heute wirkt Münster sauber und fröhlich. (Foto: Hans H. Pöpsel)

Heute wirkt Münster sauber und fröhlich. (Foto: Hans H. Pöpsel)

In den Aufsätzen der Wissenschaftler kann man viel erfahren über den Aufbau und die Funktion der Wehren, auch die manchmal dazu gehörenden Türme werden vorgestellt, und man kann an alten Karten und Fotos erkennen, wo solche Landwehren noch heute in der Natur … Weiterlesen

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