Monatsarchive: Mai 2019

Eisiges Kammerspiel mit einem Hauch Poesie – Roberto Ciullis „Othello“ bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen

Desdemona (Dagmar Geppert) liebt Othello (Jubril Sulaimon). Der jedoch hegt Zweifel ob ihrer Treue. Foto: Franziska Götzen

Nein, ganz ohne Verdi geht es dann doch nicht. In Roberto Ciullis „Othello“-Inszenierung, die das Shakespeare-Drama zu einem hoch verdichteten, eisigen Kammerspiel einer besseren Gesellschaft stilisiert, sorgt wenigstens Desdemonas „Ave Maria“ aus Verdis gleichnamiger Oper für Wärme und Trost, für bebendes Leidenskolorit und innigen Erlösungston.

Zu sehen war die Produktion jetzt noch einmal, nach ihrer Premiere am Mülheimer Theater an der Ruhr (September 2018), bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen. Zu Ehren eines großen Bühnenmagiers, dessen Deutungen oft voller Poesie sind, sich aber mit Gesellschaftskritik nicht zurückhalten.

Ciulli lässt am Beginn des Dramas Desdemonas Vater auftreten. Ein feiner älterer Herr mit Fliege, der polternd … Weiterlesen

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In zwölf Minuten von Mahler zu Mahler: In Duisburg und Essen erklangen die Sechste und die Zweite Symphonie

Die Duisburger Philharmoniker. Foto: Zoltan Verhoeven-Leskovar

Die Duisburger Philharmoniker. Foto: Zoltan Verhoeven-Leskovar

Zwei Mahler-Symphonien innerhalb weniger Tage in Duisburg und Essen: Wer den alten Ruhrpott nicht als Flickenteppich diverser städtischer Zentren, sondern die Rhein-Ruhr-Region als großen Kulturraum wahrnimmt, hat nicht nur in Sachen Mahler eine weltstädtische Auswahl. Man muss nur zum Beispiel die zwölf Minuten zwischen den Hauptbahnhöfen von Essen und Duisburg in Kauf nehmen.

Und dann bekommt man demnächst Mahlers Neunte in Dortmund, in der nächsten Spielzeit die Dritte in Gelsenkirchen und Essen, die Vierte in Wuppertal, die Siebte in Dortmund, die Neunte in Duisburg und die Sechste als Abschluss des Mahler-Zyklus mit Adam Fischer in Düsseldorf.

In Essen also die Sechste, ein Werk mit Regionalbezug, wurde es doch am 27. Mai 1906 hier … Weiterlesen

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Alles anders am Dortmunder Schauspiel? Neue Intendantin Julia Wissert kündigt deutlichen Kurswechsel an

Dortmunds neue Schauspielchefin Julia Wissert (2. v. li.) und die Dramaturgin Sabine Reich, flankiert vom Kulturdezernenten Jörg Stüdemann (links) und dem Geschäftsführer des Fünf-Sparten-Theaters, Tobias Ehinger. (Foto: Bernd Berke)

Im Rathaus der Stadt: Dortmunds neue Schauspielchefin Julia Wissert (2. v. li.) und die Dramaturgin Sabine Reich, flankiert vom Kulturdezernenten Jörg Stüdemann (links) und dem Geschäftsführer des Fünf-Sparten-Theaters, Tobias Ehinger. (Foto: Bernd Berke)

Fürs Dortmunder Sprechtheater brechen offenbar ganz neue Zeiten an. Zwar weiß man noch nichts Genaues, doch ließ die künftige Schauspielchefin Julia Wissert (34) heute bei ihrer Vorstellung in Dortmund bereits generell durchblicken, dass sie manches anders zu machen gedenkt als das bisherige Team unter Kay Voges.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Dortmund sei schon lange vor ihrer Berufung eines der ganz wenigen Theater gewesen, für deren Inszenierungen sie eigens aus Berlin angereist sei. Hier sei ein großartiges, ja „sensationelles“ Ensemble zusammengewachsen, befand Julia Wissert, deren Berufung der Dortmunder … Weiterlesen

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Queen für ein ganzes Zeitalter: Vor 200 Jahren wurde die britische Königin Victoria geboren

Queen Victoria mit ihrem Mann Albert

Queen Victoria mit ihrem Mann, Prince Albert, im Jahre 1854. (Wikimedia – gemeinfreies Bild / Historische Fotografie von Roger Fenton – Royal Collection of the United Kingdom)

Queen Victoria gab einer ganzen Epoche ihren Namen. Von 1837 bis 1901 regierte sie das Vereinigte Königreich, länger als je ein gekröntes Haupt in England, Schottland, Wales oder Irland. Erst ihre Ur-Ur-Enkelin Elisabeth stellte 2015 diesen Rekord ein, regiert nun schon 67 Jahre und ist die dienstälteste aller lebenden Monarchen. Queen Victoria hat europäische Geschichte geschrieben und dem 19. Jahrhundert auf den britischen Inseln die Bezeichnung „viktorianisches“ Zeitalter eingebracht. Am 24. Mai 1819, vor 200 Jahren, wurde sie geboren.

Die Bilder der rundlichen Matrone mit dem mürrisch-ernsten Gesichtsausdruck, die seit dem Tod ihres … Weiterlesen

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„Brüder und Knechte“: Erinnerung an den Autor Willy Kramp

Gastautor Heinrich Peuckmann über den Schwerter Schriftsteller Willy Kramp (1909-1986):

Bis zu seinem Tode 1986 wohnte in Schwerte-Villigst der Schriftsteller Willy Kramp. Ich kam mit ihm in Berührung, weil ich damals seine Enkeltochter Katharina unterrichtete, die heute unter dem Pseudonym „Kathryn Taylor“ Bestsellerromane schreibt. Zwei Bücher vor allem haben aus Kramps umfangreichen Werk bis heute Strahlkraft.

Der Schriftsteller Willy Kramp (Foto: Durkadenz / Wikimedia Commons - Link zur Lizenz: )

Der Schriftsteller Willy Kramp (Foto: Durkadenz / Wikimedia Commons – Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

Da ist einmal der Romanbericht „Brüder und Knechte“, Kramps erfolgreichstes Buch, das wochenlang auf der Bestsellerliste des „Spiegel“ stand.

Mitte der dreißiger Jahre unterrichtete er an einer privaten Mädchenschule. Nach Heirat und Geburt des ersten Kindes reichte das Gehalt aber nicht, so dass er, nicht mit dem drohenden Weltkrieg … Weiterlesen

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Tschechows „Kirschgarten“ geht uns immer noch an – Eine vorzügliche Essener Inszenierung beweist es

Szene mit Silvia Weiskopf (Gutsbesitzerin), Stephanie Schönfeld (Dunjascha) und Jens Winterstein Jepichodow) (Foto: Birgit Hupfeld/Schauspiel Essen)

Firs haben sie vergessen. Der alte Diener liegt schon schlafend auf der Bühne, wenn das Publikum seinen Plätzen zuströmt. Schließlich erwacht er, sieht all die Menschen, will sie wieder nach Hause schicken. Es sei doch alles schon vorbei, sagt er, und eigentlich hat er ja Recht. Aber dann hebt sich der eiserne Vorhang doch , wird die Geschichte vom Kirschgarten erzählt, in Essen, im Grillo-Theater. Der alte Diener ist hier übrigens eine Frau, Sabine Osthoff.

Verdrängung und Selbstbetrug

Tschechows Stück, er selbst nannte es eine Komödie, was natürlich nicht stimmt, reizt zur lapidaren Inhaltsangabe: Die Gutsbesitzerin ist pleite, widersetzt sich dem Verkauf ihres schönen, … Weiterlesen

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Von der Qual des ewigen Lebens gezeichnet: Die Oper Bonn zeigt Leoš Janáčeks „Die Sache Makropoulos“

Yannick-Muriel Noah (Emilia Marty) und Martin Tzonev (Dr. Kolenatý) in der Bonner Inszenierung von "Die Sache Makropoulos". Foto: Thilo Beu

Yannick-Muriel Noah (Emilia Marty) und Martin Tzonev (Dr. Kolenatý) in der Bonner Inszenierung von „Die Sache Makropoulos“. Foto: Thilo Beu

Wo endet ein ewiges Leben auf Erden? In Langeweile, Gleichgültigkeit und Suff. Elina Makropoulos, geboren 1585 auf Kreta, kann sich diese Qual nur mit einer Flasche Whisky von der unsterblichen Seele reden. So lässt Christopher Alden in seiner Inszenierung von Leoš Janáčeks „Die Sache Makropoulos“ in Bonn seine Hauptdarstellerin Yannick-Muriel Noah über die Bühne torkeln, bis sie der Tod anfasst und sie bereit ist, zu sterben.

Das ist keine überzeugende Lösung für den inneren Umschwung einer Frau, die mit einem zu Eis erstarrten Herz längst jede Empathie verloren hat und in der nur noch der unbestimmte Drang, ihrer Situation zu … Weiterlesen

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Trotz eher geringfügiger Titelchancen: In Dortmund grassiert mal wieder das schwarzgelbe Fußballfieber, denn vielleicht…

Vor ziemlich genau 8 Jahren wurde eine Hausfassade in Dortmund meisterschaftsgerecht umgestaltet. (Foto: Bernd Berke)

In jenem Moment noch unvollendet: Vor ziemlich genau 8 Jahren wurde diese Dortmunder Hauswand meisterschaftsgerecht umgestaltet. (Foto: Bernd Berke)

Jetzt dreht man hier in Dortmund schon wieder durch. Zumindest stehen viele Leute kurz davor. Denn rein theoretisch hat der BVB noch Chancen auf den Gewinn der Deutschen Fußballmeisterschaft. Für Schalker kurz erläutert: Dat is‘, wennze die Schale kriss‘.

BVB-Geschäftsführer Watzke wird mit dieser fast übermütigen Einlassung zitiert: „Meine Hoffnung wird jeden Tag größer. Ich bin selber ganz verwundert, weil ich eigentlich Skeptiker bin.“ Er habe, so Watzke demnach weiter, das „Gefühl, dass wir vor großen Dingen stehen“. Er könne es auch nicht erklären. Tja, wer kann das schon?

Unterdessen heißt es bereits, dass die Stadt Dortmund zu etwaigen Meisterfeiern mindestens … Weiterlesen

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Feuervogel spreizt farbenfrohe Federn: Das Konzerthaus Dortmund heißt „Maestra Mirga“ willkommen

Mirga Gražinytė-Tyla wurde bereits mit 29 Jahren Chefin des CBSO. (Foto: Pascal Amos Rest)

Ihre Füße stecken in schwarzen Ballerina-Schühchen. Klein, zierlich und mädchenhaft jung wirkt die Frau, die jetzt im Konzerthaus Dortmund aufs Dirigentenpodest steigt und sich verbeugt. Beinahe möchte man um sie fürchten angesichts der schieren Masse von Orchestermusikern, der sie sich an diesem Abend gegenüber sieht: verlangen doch zwei der drei aufgeführten Werke eine ausgesprochen üppige Besetzung. Aber derlei Gedanken verpuffen, sobald die Künstlerin den Taktstock hebt.

Als „Maestra Mirga“ begrüßt das Konzerthaus Dortmund seine neue Exklusivkünstlerin aus Litauen, deren komplizierter Nachname so manchen bei der Aussprache ins Schwitzen bringt. Mirga Gražinyté-Tyla (sprich: Mirga Graschiniiiite-Tilá) kehrt mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra zurück, das sie seit … Weiterlesen

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Jonathan Meese mit „Lolita“ – und manches mehr: Theater Dortmund stellt sein Programm für die nächste Spielzeit vor

Die Optik betont die Unterschiede. Hier die neuen Programmhefte von Philharmonikern, Schauspiel und Ballett (Foto: Pfeiffer)

Was hat Jonathan Meese mit Dortmund zu tun? Nun, bisher eigentlich nichts. Allerdings hätte sich das in diesem Jahr ja ändern sollen, weil Edwin Jacobs – noch, aber nicht mehr lange Chef des „Dortmunder U“ – den Künstler eingeladen hatte, die Sammlung nach seinem Geschmack neu zu hängen. Daraus wird jedoch nichts.

 

Den Meese soll es aber auf jeden Fall geben, wenn auch im Theater und erst im nächsten Jahr. Für den 15. Februar 2020 plant das Schauspiel die Uraufführung des Stücks „Lolita (R)evolution (Rufschädigendst) – Ihr Alle seid die Lolita Eurer Selbst!“ aus der Feder des nämlichen Artisten. Man ahnt: Das wird … Weiterlesen

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Endstation Walhall: Michael Schulz setzt „Das Rheingold“ von Richard Wagner in Gelsenkirchen neu in Szene

Die Rheintöchter treiben ihr Spiel mit Alberich (Urban Malmberg). (Foto: Karl Forster)

Das Wasser wogt und leuchtet. Licht fällt in die blaue Flut, diese Wiege des Lebens, deren kristallene Klarheit den Blick bezaubert. Im Speisewagen sitzen nur wenige Herren, aber auch sie schauen nachgerade andächtig aus den Zugfenstern, gebannt von der Majestät des Rheins. Nach und nach erkennen wir sie: An den Tischen sitzen Alberich und Wotan. Der zwielichtige Feuergott Loge drückt sich in die Ecke, ein Beobachter des Geschehens. Dann tauchen die Rheintöchter hinter der Bordbar auf.

Willkommen im Rheingold-Express, dem historischen Luxuszug mit seinem gläsern überdachten Aussichtswagen, der einst die Nordsee mit den Alpen verband und die Niederlande mit der Schweiz. Michael Schulz, Generalintendant des Gelsenkirchener Musiktheaters, und … Weiterlesen

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Die Gesellschaft verzeiht nichts: „Max und Moritz“ in der Regie von Antú Romero Nunes bei den Ruhrfestspielen

Max und Moritz (Stefanie Reinsperger und Annika Meier) (Foto: JR/Berliner Ensemble/Ruhrfestspiele Recklinghausen)

Ein wenig nerven sie schon: Max und Moritz, die in Deutschland weltberühmten Wilhelm-Busch-Geschöpfe, die da auf der Bühne, ungelenk zunächst, ihre Gliedmaßen bewegen, ihre Beweglichkeit entdecken, etwas später auch den Körper erforschen, auch zwischen den Beinen, wo das kleine Fingerchen plötzlich zur Faust am ausgestreckten Arm wird.

Ist aber nur Spaß; wie das alles nur Spaß ist, köstliche Kinderalbernheit, begleitet von seligen Lustlauten in Teletubbi-Manier, „O-o“ in leicht abfallender Tonfolge. Man kriegt es nicht mehr aus dem Kopf, wenn es sich da einmal festgefressen hat. Max und Moritz also auf Pampers-Niveau? Zunächst schon.

Die Bilderwelt Wilhelm Buschs

In einer Koproduktion des Berliner Ensembles mit den Ruhrfestspielen erzählt Antú … Weiterlesen

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„Kinder First. Westentasche Second.“ oder: Eine lustige Mail von der Digital-Partei

Kommt mal ein bisschen näher! Ich muss Euch was erzählen. Hinter vorgehaltener Hand. Ohne Ross und Reiter genauer zu nennen:

Ob die hier vorherrschenden Farben etwas mit dem Thema zu tun haben? Jedenfalls scheint es sich um einen entschieden digitalisierungsfreudigen Menschen zu handeln. (Foto: Bernd Berke)

Ob die hier vorherrschenden Farben etwas mit dem Thema zu tun haben? Jedenfalls scheint es sich um einen entschieden digitalisierungsfreudigen Menschen zu handeln. (Foto: Bernd Berke)

Es begab sich aber zu der Zeit, dass eine kleine deutsche Partei sich zur Antreiberin und Hüterin der Digitalisierung aufschwingen wollte. Ihr oberster Guru, einer mit Zweieinhalb-Tage-Bart, gab gar in schreienden Versalien und ausgefuchstem Hipster-„Denglisch“ diese Plakat-Parole aus:

„DIGITAL FIRST. BEDENKEN SECOND.“

Das konnte man schon sprachlich ein wenig bedenklich finden, vom „Inhalt“ mal abgesehen. Aber es kommt noch besser. Dieser Tage kursierte im Raum Dortmund eine E-Mail, in der eine regionale Gliederung just … Weiterlesen

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Ruhrfestspiele: Peter Brook erzählt die Geschichte vom Gefangenen, der nicht ins Gefängnis darf

Szene mit dem Gefangenen (Hervé Goffings, links) und seiner Schwester (Kalieaswari Srinivasan). (Foto: Simon Annand/Ruhrfestspiele)

Stöcke, Äste, Baumstümpfe – karg ist die Bühne möbliert, nur so viel Material wie nötig. Trotzdem ist die Anmutung naturalistisch, zumal das Stück in Afrika spielt, und dort sieht es vielleicht ja so aus, stellenweise. Vor allem aber ist dies eine Bühne nach dem Geschmack von Peter Brook, dem großen, unglaubliche 94 Jahre alten britischen Theatermann, dessen Stück „The Prisoner“ bei den Ruhrfestspielen seine Deutschlandpremiere hatte.

Das scheinbare Paradox dieses Stückes, das Brook zusammen mit Marie-Hélène Estienne schuf, liegt darin, dass der Gefangene (the prisoner) eben kein Gefangener ist, sondern vor dem Gefängnis verharren muss. Es ist ihm so aufgegeben, zur Reflexion über sich selbst, … Weiterlesen

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Dünen, Wellen, Windmühlen – Ausstellung im „Dortmunder U“ zeigt den niederländischen Aufbruch in die Moderne

Ferdinand Hart Nibbrig: „Auf den Dünen in Zandvoort", 1892 (Foto: Sammlung Singer Laren, Museum Ostwall)

Ferdinand Hart Nibbrig (1866-1915): „Auf den Dünen in Zandvoort“, 1892 (Foto: Sammlung Singer Laren, Museum Ostwall)

Da haben die beiden Holländer sicher recht: Die Freuden des Sommers genießen viele Deutsche, zumal aus dem Ruhrgebiet, sehr gerne in ihrem schönen Land, in den Dünen, am Strand und in den gemütlichen kleinen Städten. Diese sicherlich nicht ganz neue Erkenntnis hat Edwin Jacobs, (Noch-) Direktor des Dortmunder Kunst- und Kulturzentrums U, und Jan Rudolph de Lorm, Direktor des Museums Singer in Laren, auf die Idee gebracht, Kunst der Niederländischen Moderne sozusagen nach Urlaubsaspekten für eine Ausstellung auszuwählen. Es entstand „Ein Gefühl von Sommer…“, eine hübsche Bilderschau, die jetzt im Dortmunder U, im Museum Ostwall zu sehen ist.

Anton Mauve (1838-1888): Das neugeborene Lamm,

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Mörderischer Goldschmied, getarnter Zar: Theater Hagen stellt Programm für die Spielzeit 2019/20 vor

Blick aufs Hagener Theater. (Foto: Werner Häußner)

Blick aufs Hagener Theater. (Foto: Werner Häußner)

192 Seiten, vollgepackt mit Programm: Ironisch signalisiert das Theater Hagen mit dem Reclam-Heft-Format seiner Spielzeit-Übersicht 2019/20 wieder Sparsamkeit. Inhaltlich allerdings fächert es den ganzen Reichtum auf, den das in den letzten Jahren arg gebeutelte Haus mit dem Team um Intendant Francis Hüsers aus seinem 18-Millionen-Etat zaubert. Eine bunte Vielfalt tut sich auf, die gleichwohl einige durchgehende Linien sichtbar werden lässt, die sich in den nächsten Jahren in den Spielplänen abzeichnen sollen.

Ein bisschen Ironie muss sein: Das "Datenheft" des Theaters Hagen für die Spielzeit 2019/20.

Ein bisschen Ironie muss sein: Das „Datenheft“ des Theaters Hagen für die Spielzeit 2019/20.

Im Musiktheater schreitet Hüsers vom Schwerpunkt der Romantik in der laufenden Spielzeit weiter in Richtung des Beginns der Moderne: Die Spielzeit eröffnet am 21. September 2019 Paul Hindemiths … Weiterlesen

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Erst kommt das Fressen, dann fehlt die Moral: „Das Heerlager der Heiligen“ bei den Ruhrfestspielen

Szene aus "Heerlager der Heiligen". (Foto: Robert Schittko/Ruhrfestspiele)

Szene aus „Das Heerlager der Heiligen“. (Foto: Robert Schittko/Ruhrfestspiele)

Der Mann isst. Er sitzt an einer langen Tafel und stopft sich mit Speisen voll. Nach und nach gesellen sich seine Freunde und Weggefährten dazu und beginnen, ebenfalls zu futtern und Wein zu trinken.

„Once upon a time in Europe“ steht als Schriftzug über der Szene, die wie ein mittelalterliches Filmset in einem Ritterschloss wirkt. Diesen Europäern hier geht es gut, ja zu gut, bis hin zur Dekadenz. Sie leiden keinen Mangel und fürchten sich dennoch sehr: vor dem Ansturm der Armen, die auf Schiffen zu ihrer Küste unterwegs sind und ihnen ihren Wohlstand streitig machen wollen.

Einen schwierigen, abstoßenden und streckenweise menschenverachtenden Text hat sich Regisseur Hermann Schmidt-Rahmer mit „Das … Weiterlesen

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Dortmunder Schriftsteller Wolfgang Körner gestorben

Der Schriftsteller Wolfgang Körner ist mit 81 Jahren in Dortmund gestorben, und zwar bereits am 25. April.

Was bleibt, ist das Werk: Typoskriptseite von Wolfgang Körner, verwahrt im Fritz-Hüser-Institut. (© FHI)

Bleibendes aus dem Nachlass: Typoskriptseite mit handschriftlichen Korrekturen von Wolfgang Körner, verwahrt im Dortmunder Fritz-Hüser-Institut. (© FHI)

Durch bloßen Zufall habe ich diese traurige Nachricht gestern im Facebook-Auftritt des Dortmunder Literaturhauses entdeckt, das wiederum auf einen kurzen Nachruf im Magazin „Buchmarkt“ verwies. Heute kam eine Pressemeldung der Stadt heraus, die zusätzlich darauf abhob, dass das am Ort ansässige Fritz-Hüser-Institut Körners literarischen Nachlass bewahre. Nur gut, dass Körner seinen einst (scherzhaft?) geäußerten Vorsatz („Ich schmeiße alles weg!“) nicht umgesetzt hat.

Umstände und Zeitpunkte der Veröffentlichungen deuten darauf hin, dass der 1937 in Breslau geborene Wahl-Dortmunder Wolfgang Körner längst dem öffentlichen Bewusstsein entglitten war. Das … Weiterlesen

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Julia Wissert (34) soll Schauspielchefin in Dortmund werden

Die designierte Schauspielchefin Julia Wissert. (Foto: Ingo Höhn)

Die designierte Schauspielchefin Julia Wissert. (Foto: Ingo Höhn)

Wie es aussieht, hat Dortmunds Schauspiel seine künftige Chefin gefunden: Julia Wissert (34) käme als eine der jüngsten Intendantinnen der Republik an den Hiltropwall. Zur Spielzeit 2020/21 soll sie Nachfolgerin von Kay Voges werden, der im Januar seinen bevorstehenden Abschied verkündet hatte.

Noch müssen sich die politischen Gremien der Stadt mit der Personalie befassen. Am 14. Mai tagt der Kulturausschuss, am 23. Mai müsste dann der Rat seine Zustimmung geben. Doch dem dürfte wohl nicht viel entgegenstehen.

Julia Wisserts Vita deutet auf etliche Erfahrungen in jungen Jahren hin. Auf der Homepage des Bochumer Theaters werden u. a. diese Stationen aufgeführt: 1984 in Freiburg geboren, studierte sie in London an der University of … Weiterlesen

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Erinnerungen an die Kohle und ein sehr männliches Tanzprogramm zum Auftakt der Ruhrfestspiele

Gesundes Grünzeug für Künstler und Publikum: Im libanesischen Tanztheaterstück „Beytna“ gab es auch etwas zu essen. (Foto: D. Matvejev/Ruhrfestspiele)

Eine Frau sitzt am Tisch und schneidet Gemüse. Endlos lange tut sie das, und nach einiger Zeit fragt sich wohl jeder im Publikum, warum. Gewiss, der Stücktitel „Beytna“ gibt einen ersten Hinweis: Beytna heißt im Libanon die Einladung in das eigene Heim. Zu essen gibt es dann vielleicht Fatouch, ein traditionelles libanesisches Gericht, für das offensichtlich viel geschnippelt werden muss.

Deshalb die Frau am Küchentisch, welcher, wie man sehen wird, wenn er gedreht wurde, fast so lang ist wie die Bühne breit. Nach gehöriger Wartezeit werden Männer auftreten, einzeln, zu zweit, zu dritt, die in kraftvollen Tanzbewegungen geradezu explodieren, bevor sie … Weiterlesen

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Ein Versuch über Nicolas Borns Gedicht „ES IST SONNTAG“ – Wenn plötzlich alles in einem anderen Licht erscheint

Nicolas Born mit Tochter Katharina. (Foto: Dr. Irmgard Born)

Nicolas Born mit Tochter Katharina (Foto: Irmgard Born)

 

ES IST SONNTAG

die Mädchen kräuseln sich und Wolken

ziehen durch die Wohnungen –

wir sitzen auf hohen Balkonen.

Heute lohnt es sich

nicht einzuschlafen

das Licht geht langsam über in etwas

Bläuliches

das sich still auf die Köpfe legt

hier und da fällt einer

zusehends ab

die anderen nehmen sich

zusammen.

Diese Dunkelheit mitten im Grünen

dieses Tun und Stillsitzen

dieses alles ist

der Beweis für etwas anderes

(Aus: Nicolas Born: Gedichte. Hg. von Katharina Born © Wallstein Verlag, Göttingen 2004, S. 133)

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Haben Sie Borns Gedicht mehrmals lesen können? Schön, dann lohnt es sich wirklich, dass wir darüber reden. Übrigens, haben Sie auch etwas Zeit mitgebracht? Tatsächlich? Danke. … Weiterlesen

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Auf der Suche nach Neuland: Raphael von Hoensbroech stellt seine erste Saison im Konzerthaus Dortmund vor

Raphael von Hoensbroech hat nun vollends die Führung im Konzerthaus Dortmund übernommen (Foto: Pascal Amos Rest)

Er geht die Dinge behutsam an. Fügt Neues hinzu, ohne Bestehendes abzuschaffen. Zugleich steckt Dortmunds Konzerthaus-Intendant Raphael von Hoensbroech, der jetzt sein erstes eigenverantwortlich verfertigtes Programm im Rahmen einer Pressekonferenz vorstellte, in einem luxuriösen Dilemma.

Der aus einer alten Adelsfamilie stammende Musikwissenschaftler und Kulturmanager hat von seinem Vorgänger Benedikt Stampa einen derart gut funktionierenden Betrieb übernommen, dass dieses Privileg beinahe zur Bürde wird. Was anders anpacken, wenn alles nahezu optimal läuft? Wie ein eigenes Profil entwickeln, wo alle noch auf die mammutgroßen Fußspuren des nach Baden-Baden Entschwundenen starren?

Die litauische Dirigentin Mirga Gražinyté-Tyla kommt als Exklusivkünstlerin nach Dortmund (Foto: Ben Ealovega)

Doch Kontinuität ist … Weiterlesen

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Lebende Legenden und Aufsteiger: Das Klavier-Festival Ruhr startet am 7. Mai in Bochum den Reigen seiner Konzerte

Eröffnet am 7. Mai das Klavier-Festival Ruhr in Bochum: Daniel Barenboim, hier bei einem Konzert des Festivals im Jahr 2014. Foto: Mark Wohlrab

Eröffnet am 7. Mai das Klavier-Festival Ruhr in Bochum: Daniel Barenboim, hier bei einem Konzert des Festivals im Jahr 2014. (Foto: Mark Wohlrab)

Gastautor Robert Unger über das bevorstehende Klavier-Festival Ruhr:

Drei Komponenten machen einen Star im klassischen Sinne aus: Erfolg, Kontinuität und Image. Kommen diese Elemente zusammen und reift eine Persönlichkeit mit einem lang andauernden Erfolg, spricht man von einer Legende. Solche will das Klavier-Festival Ruhr vorstellen, das am 7. Mai unter dem wenig spezifischen Motto „Living Legends“ und „Rising Stars“ startet.

Klassik und Jazz, Recitals, Liederabende, Kammer- und Orchesterkonzerte finden sich im außerordentlich vielfältigen Konzertangebot des Festivals, das vom Initiativkreis Ruhr gefördert wird. Das Klavier-Festival Ruhr 2019 rückt diesmal kein Land und keinen Komponisten in den Fokus, sondern … Weiterlesen

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