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Archiv der Kategorie: Literatur
Erzählstoff überall – Judith Kuckarts „Die Welt zwischen den Nachrichten“
Jede(r) möge es für sich bedenken: Welche – mehr oder weniger vagen – Berührungspunkte hatte mein Leben mit der Sphäre der Nachrichten? Und was folgt womöglich daraus? Judith Kuckart schneidet derlei Fragen in ihrem neuen, autobiographisch grundierten Roman „Die Welt zwischen den Nachrichten“ keineswegs umweglos an, sondern vielschichtig, hintergründig, zuweilen auch irrlichternd.
Staunenswert, welche Zeitlinien bis in die westfälische Provinzstadt Schwelm reichten, in der Judith Kuckart am (west)deutschen Einheits-Feiertag (17. Juni 1959) geboren wurde. Da war etwa die Schwelmer Apothekertochter Ina, die öfter auf die kleine Judith aufgepasst hat und sich Jahre später in Berlin (im Gefolge des Attentats auf den Studentenführer Rudi Dutschke) links radikalisiert hat. Noch etwas später war sie auf Plakaten der RAF-Terrorfahndung zu sehen und dürfte … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Familie, Geschichte, Gesellschaft, Kinderzeiten, Lebenswege, Literatur, Politik und so, Tanz, Theater
Verschlagwortet mit Berlin, Die Welt zwischen den Nachrichten, Judith Kuckart, Schwelm
Ein Kommentar
Schluss- und Ausverkauf: Literarische Verlage an der Ruhr – verzweifelt gesucht!

Nicht, dass vom Buchhandel und Verlagswesen künftig nur noch solche Wandbilder übrig bleiben… (Entdeckt nicht im Revier, sondern am 15. Juli 2020 in Waren an der Müritz, Mecklenburg-Vorpommern). (Foto: Bernd Berke)
Erstaunlich lapidar klingt, was die Verleger Ingrid und Ernst Gerlach da so ganz am Rand auf der Homepage ihres Oberhausener assoverlages verlauten lassen:
„Liebe Leserinnen und Leser, wir möchten Ihnen heute mitteilen, dass wir unseren Verlag zum 31.12.2024 auflösen werden. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, aber aus Altersgründen und ohne Nachfolger haben wir uns dazu entschlossen. (…) Der Schlussverkauf läuft bis zum 31.12.2024. Besuchen Sie unseren Webshop oder schicken Sie uns eine E-Mail an info@assoverlag.de, um von den Angeboten zu profitieren.“
Revolutionäre Vorläufer
Seit 1970 hatte der assoverlag … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Literatur, Region Ruhr, Wirtschaft & Geld
Verschlagwortet mit assoverlag, Oberhausen, Ruhrgebiet, Verlage
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„Nachspielzeit“ des Lebens – Späte Lyrik von Jürgen Becker
Mit den vielen Lebensjahren wird der menschliche Handlungsradius spürbar kleiner und enger, es zählen nun zusehends Dinge und Zustände im Nahbereich. Was man sich darunter vorstellen kann, beschreibt der 1932 in Köln geborene Büchnerpreisträger Jürgen Becker in seinem Lyrik-Band „Nachspielzeit“, der – dem Untertitel zufolge – „Sätze und Gedichte“ enthält.
Eine „Nachspielzeit“ gibt es nicht nur in diversen Sportarten, sondern auch im Leben. Es ist jene Zeit, in der nach und nach die meisten Freunde und Weggefährten sterben und das Gefühl sich einstellt, man sei aus seiner Kohorte nahezu allein übrig geblieben. Es ist das Dasein im Wartestand, in „zugezählten Stunden“, wie es einmal bei Lessing hieß. Die Tage bestehen größtenteils aus Wiederholungen und Gewohnheiten. Keine Zeit für hochfliegende Hoffnungen … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Lebenswege, Literatur, Sprache
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Nüchterne Inventur: Ulrich Peltzers „Der Ernst des Lebens“
Nur selten liest man Bücher, die so unaufgeregt und nüchtern daherkommen wie Ulrich Peltzers Roman „Der Ernst des Lebens“. Dabei geht es doch ums Ganze.
Der Autor ist offenbar jedem Getue abhold – ebenso wie sein Antiheld Bruno van Gelderen. Der zieht Zwischenbilanz, hält Inventur. Was ist der Treib-, Schmier- und Klebstoff (s)eines Lebens? Immer wieder das Geld, das halt komfortabel ausreichen sollte, aber wohl doch nicht überbewertet werden darf. Auch andere große Beweger wie Heimat, Sucht und Tod kommen in Betracht. Liebe auch, aber fast schon nebenher. Und die Sinnfrage „Wozu das alles?“ lauert stets am Wegesrand. Na, wenn schon.
Entscheidungen treffen
Was fehlt, was bleibt? Was wäre noch möglich und denkbar (gewesen)? Was ist versäumt worden? Regiert nicht … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Literatur
Verschlagwortet mit Der Ernst des Lebens, Ulrich Peltzer
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Bücher, kurz vorgestellt: Hotel, Proletariat, Apokalypse
Ich leiste Abbitte. Hier sind noch drei Bücher, die wohl eine ausführlichere Besprechung verdient hätten. Doch fehlte mir wegen besonders misslicher Umstände schlicht und einfach die Zeit, die jetzt schon wieder in Richtung Herbst galoppiert. Drum seien die Bände hier immerhin kurz vorgestellt:
Eine veritable Wiederentdeckung ist der Roman von Maria Leitner: „Hotel Amerika“ (Reclam, 256 Seiten, 25 Euro). Das erstmals 1930 erschienene Buch zählt zur Spezies der urbanen Hotelromane, die in den bewegten 1920er Jahren aufblühte. Kein Geringerer als Siegfried Kracauer rezensierte das Buch damals für die legendäre Frankfurter Zeitung und arbeitete die Unterschiede zu thematisch ähnlich gelagerten Schöpfungen von Vicki Baum und Joseph Roth heraus.
Maria Leitner, die selbst in prekärer Stellung in einem New Yorker Hotel gearbeitet … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Arbeitswelt & Beruf, Buchmarkt & Lesen, Gesellschaft, Lebenswege, Literatur, Natur Klima Umwelt, Region Ruhr
Verschlagwortet mit Die Arbeiter, Hotel Amerika, I Walk Between the Raindrops, Maria Leitner, Martin Becker, T. C. Boyle
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Zwischen Brontë und O’Neill – Schauspielhaus Bochum kündigt Programm für 2024/2025 an

Der Intendant des Bochumer Schauspielhauses Johan Simons und Chefdramaturgin Angela Obst präsentierten das Programm der kommenden Spielzeit (Foto: Daniel Sandrowski/Schauspielhaus Bochum)
„Ausgewogen“ – hartnäckig setzt sich das Wort fest und lauert auf Wiederaufruf, wenn man sich das Programm des Schauspielhauses Bochum für die kommende Spielzeit durchliest. Dreimal werden Stücke inszeniert, viermal ist Literatur die Vorlage; viermal richtet sich das Angebot an Kinder und Jugendliche, vier projektartige Produktionen schließlich kreisen um die Themenfelder Ökologie, Frieden, KI. Der Rest ist unterschiedlich zuzuordnen.
Abhängig von den Zuordnungen kann man auch zu anderen Zahlen kommen, jedenfalls ist für jeden (und jede!) etwas dabei. Und einmal mehr ist man dem Hausherrn Johan Simons dankbar dafür, daß er in Zeiten, in denen „Rechtspopulist*innen immer mehr Zuspruch“ … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Literatur, Theater
Verschlagwortet mit 2024/2025, Bochum, Johan Simons, Schauspielhaus Bochum, Theater
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Freiheit, Albtraum und Erschöpfung – Theresia Enzensbergers Gedanken übers Schlafen
Hanser Berlin bringt derzeit und bis zum Frühjahr 2026 sukzessive 10 Bände über die wichtigsten Dinge des menschlichen Daseins heraus (Liste am Schluss dieses Beitrags). Theresia Enzensberger, 1986 geborene Tochter von Hans Magnus Enzensberger, Romanautorin („Blaupause“, 2017 – „Auf See“, 2022), außerdem Mitarbeiterin etlicher Premium-Medien, ist dabei schreibend fürs Schlafen zuständig.
Ein Hauptstrang ihres Essays handelt vom Schlaf unter kapitalistischen Bedingungen. In dieser Hinsicht diene er lediglich dazu, die Arbeitskraft wiederherzustellen. Dabei könnte er doch – mitsamt den Träumen – ein unkontrollierbares, unverfügbares Reich der Freiheit sein. Prinzipiell stehe der Schlaf außerhalb der sonst so universellen kapitalistischen Verwertbarkeit. Theresia Enzensberger ergreift die Gelegenheit, in solchen Zusammenhängen wieder einmal Karl Marx zu zitieren – ehedem flächendeckend üblich, heute eher selten.
Die … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Arbeitswelt & Beruf, Buchmarkt & Lesen, Gesellschaft, Krankheit & Gesundheit, Lebenswege, Literatur, Psychologie
Verschlagwortet mit Schlafen, Theresia Enzensberger
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Gegen Diktatur half keine Kunst – Durs Grünbeins Kriegsbuch „Der Komet“
Mit 16 hat Dora bäuerliche Armut und dumpfe Enge ihrer schlesischen Heimat verlassen und ist mit ihrem Freund, dem Metzger Oskar, nach Dresden gezogen. Sie leben bescheiden und erschaffen ihren beiden Töchtern ein kleinbürgerliches Paradies.
Das Geld reicht aus, um in den Tierpark zu gehen und die Kunstschätze der Kulturmetropole zu bewundern. Von Politik halten sie sich fern. Das Gebrüll Hitlers ist ihnen suspekt. Vor dem Schicksal der mitleidlos vertriebenen Juden schließen sie aber die Augen. Und die mit dem Krieg am Horizont aufziehende Katastrophe wollen sie nicht wahrhaben. Obwohl die Front näher rückt und viele deutsche Städte bereits in Schutt und Asche liegen, glauben sie an die Unantastbarkeit und Unverletzlichkeit ihrer glorreichen Stadt.
Dann, in der Nacht auf den … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Geschichte, Gesellschaft, Krieg & Frieden, Literatur
Verschlagwortet mit Der Komet, Dresden, Durs Grünbein, Zweiter Weltkrieg
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Erlittenes Leben, betrübliches Altern – Didier Eribons Buch „Eine Arbeiterin“
Vor allem mit seinem Buch „Rückkehr nach Reims“ war Didier Eribon – u. a. nach und neben Nobelpreisträgerin Annie Ernaux – einer derjenigen, die das autobiographische („autofiktionale“) Erzählen neuerer Prägung enorm beeinflusst haben. Selberlebensbeschreibungen, zumal von hernach mühsamst aufgestiegenen Kindern aus dem Arbeitermilieu, hatten jüngst geradezu Konjunktur. Auch jetzt wendet sich Eribon nicht von diesem Themenkreis ab, er fokussiert seinen Blick aber anders, und zwar aufs Leiden am Altern.
Sein neues Buch „Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben“ setzt ein, als der Ich-Berichterstatter (unverhüllt Eribon selbst) in der nordfranzösischen Provinz ein passendes Altenheim für seine hinfällige Mutter sucht. Dies erweist sich als außerordentlich schwieriges Unterfangen.
Was als Schilderung aus dem misslichen Alltag beginnt, verzweigt sich in Reflexionen zu gesellschaftlichen Zuständen … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Arbeitswelt & Beruf, Familie, Frauen & Männer, Gesellschaft, Lebenswege, Literatur, Politik und so, Wirtschaft & Geld
Verschlagwortet mit Didier Eribon, Eine Arbeiterin
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Entdeckung der Gelassenheit – „Das kleine Haus am Sonnenhang“ von Alex Capus
„Als ich noch ein ziemlich junger Mann war, nicht mehr Student und noch nicht Schriftsteller, habe ich für fast kein Geld im Piemont ein kleines Haus gekauft.“ Das marode Gemäuer, versteckt in einem Seitental an einem Sonnenhang gelegen, ist schwer und bei schlechtem Wetter nur zu Fuß zu erreichen. Es zieht durch alle Fugen und Ritzen, aber in den Augen des neuen Besitzers ist es genau das Richtige, um auszusteigen und sich neu zu erfinden.
Denn der junge Mann, der bisher ziellos durchs Leben geisterte und sich mit journalistischen Arbeiten über Wasser hielt, will seinen ersten Roman schreiben und Schriftsteller werden. Zwei, drei Jahre lang wird er sich in die Einsamkeit zurückziehen, die Ruhe genießen und die Gelassenheit entdecken, die … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Lebenswege, Literatur, Philosophie
Verschlagwortet mit Alex Capus, Das kleine Haus am Sonnenhang
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Loslassen lernen – Bernhard Schlinks Roman „Das späte Leben“
Martin ist sechsundsiebzig und blickt auf eine erfolgreiche Karriere als Jurist und Uni-Professor zurück. Spät hat der notorische Junggesellen noch das kleine private Glück gefunden.
Warum sich die viel jüngere Ulla, eine lebenslustige Frau und Malerin abstrakter Bilder, mit denen Martin nichts anzufangen kann, sich für den verschlossenen Juristen entschieden hat, ist ihm ein Rätsel. Doch er genießt ihre Liebe und freut sich jeden Tag darauf, Sohn David in den Kindergarten zu bringen und nebenbei noch als Autor von juristischen Aufsätzen gefragt zu sein.
Es bleiben nur wenige Wochen
Doch von einer Sekunde auf die andere zerbricht die Idylle, sind alle Träume von einem geruhsamen Alter dahin. Die Diagnose seines Arztes lautet: Bauchspeicheldrüsen-Krebs im Endstadium. Was fängt er an mit … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Lebenswege, Literatur
Verschlagwortet mit Bernhard Schlink, Das späte Leben
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Auf den Spuren des Unnahbaren – Karl Ove Knausgard über Anselm Kiefer
Mit seinem sechsbändigen autobiografischen Roman-Projekt „Mein Kampf“ wurde Karl Ove Knausgard zu einem der wichtigsten Schriftsteller der Gegenwart. Der norwegische Autor hat wohl kaum je eine Zeile geschrieben, die nicht auf seinen eigenen Erlebnissen und Erfahrungen beruht und ein Spiegel seiner Gedanken und Wünsche ist.
Als er in London eine Retrospektive mit Werken von Anselm Kiefer besucht, ist er erschüttert und zugleich fasziniert. Wie kann es sein, fragt sich Knausgard, dass Bilder von blutbefleckten Schneelandschaften, dunklen Wäldern und leeren Äckern, bedeckt mit Stroh und Asche, von Blei übergossen, mit krakeligen Schriftzeichen versehen, Bilder, in denen keine Menschen vorkommen, „trotzdem randvoll mit dem Menschlichem aufgeladen“ sind? Wo kommen all die verstörenden Werke her, die einem das Gefühl geben, „die Existenz an … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kunst & Museen, Lebenswege, Literatur
Verschlagwortet mit Anselm Kiefer, Karl Ove Knausgard
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„Vergnügen und Verlust“ – Ruhrfestspiele präsentieren Programm 2024

Stefanie Reinsperger in der Titelrolle von Thomas Bernhards „Der Theatermacher“ (Foto: Matthias Horn/Ruhrfestspiele Recklinghausen)
Nun ist es da, das Programm der diesjährigen Ruhrfestspiele. „Vergnügen und Verlust“ ist es überschrieben, und in diesem Titel, so Intendant Olaf Kröck, spiegele sich das weltpolitische Übel unserer Zeit ebenso wie die Notwendigkeit, es mit den Mitteln des Spiels, des Schauspiels, des Theaters samt all seinen Facetten mithin anzugehen.
Die Autorin und Übersetzerin Esther Kinsky wird die Eröffnungsrede halten, „in ihren Texten“, wir zitieren den Pressetext, „hat sie sich der Erkundung und Überwindung der Fremde als existentielle, menschliche Erfahrung verschrieben.“
Akrobatisch, atemberaubend
Vielfalt der Menschen und Ethnien, der Stilmittel und des künstlerischen Ausdrucks prägen das Programm vor allem in den Bereichen, die mit wenig oder … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Gesellschaft, Kleinkunst & Comedy, Kultur an sich, Literatur, Musik & Konzert, Tanz, Theater
Verschlagwortet mit Angela Winkler, Charly Hübner, Harfouch, Lars Eidinger, Olaf Kröck, Recklinghausen, Ruhrfestspiele, Spielplan, Stresow, Thalbach, Theatermacher, Thomas Bernhard, Wolfram Koch
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„Ich will leer sein, einfach leer“ – Jon Fosses Literatur als Gottesdienst
Gott benötigte sieben Tage, um Licht in die Dunkelheit zu bringen und die Welt zu erschaffen. Der norwegische Autor Jon Fosse braucht 1200 Buchseiten, um die Gnade Gottes zu erlangen, die düstere Welt eines von Schmerz und Leid gepeinigten Künstlers zu erhellen und ihm Erlösung zu schenken.
In Fosses „Heptalogie“, einem auf drei Bücher angelegten Roman-Zyklus, dreht sich alles um Werden und Vergehen, Leben und Tod des Malers Asle. Er ist Anfang sechzig, trägt, wie der Literaturnobelpreisträger, einen grauen Pferdeschwanz, und ist, wie Jon Fosse, zum Katholizismus konvertiert. Asle ist nicht nur das verfremdete Alter Ego des Autos, er hat auch selbst noch einen Doppelgänger gleichen Namens, der die dunkle Seite künstlerischer Kreativität und Selbstzerstörung verkörpert, dem Suff verfallen ist … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Glaubensfragen, Literatur
Verschlagwortet mit Ein Leuchten, Ein neuer Name, Jon Fosse
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Schnoddrig unterwegs – Stefanie Sargnagels Reisebuch „Iowa“
Im US-Bundesstaat Iowa (kürzlich wegen einer betrüblichen US-Vorwahl in den Zeitungsspalten) spielen nicht allzu viele deutschsprachige Bücher. Sei’s Lockung oder Warnung: Die nicht nur im Fankreis vielgepriesene Stefanie Sargnagel stellt die geographische Bezeichnung gleich in den Titel: Schlichtweg „Iowa“ heißt ihr… ja, was eigentlich? Ein Roman ist es nicht. Vielleicht ein sehr subjektiver Reise- und Erlebnisbericht.
Jedenfalls liest sich das Ganze mal wieder weg wie geschmiert. Es bleibt nicht verborgen, dass die Autorin viele Jahre in sozialen Netzwerken erprobt hat, wie sich Leserinnen und Leser fix einfangen lassen. Nach der Lektüre sonnt man sich überdies in dem Glauben, nun tatsächlich einiges über Iowa zu wissen – im Grunde viel mehr, als ein noch so ambitionierter Reiseführer mit „Geheimtipps“ es vermitteln … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Gesellschaft, Literatur, Stadt Land Fluss, Unterwegs
Verschlagwortet mit Christiane Rösinger, Iowa, Stefanie Sargnagel, USA
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Wie sich die Arbeitswelten wandeln (und was darüber geschrieben wird) – 50 Jahre Fritz-Hüser-Institut in Dortmund

Es waren andere Zeiten: Fritz Hüsers Büro in der Hauptverwaltung der Stadtbücherei Dortmund (damals Hohe Straße 100), sozusagen eine Keimzelle des Hüser-Instituts. (© Fritz-Hüser-Institut)
Wo soll man anfangen und wo aufhören? Wo beginnt die „Arbeitswelt“, wo endet sie? Solche Fragen drängen sich auf, wenn es um die Entwicklung des „Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur der Arbeitswelt“ in den letzten 50 Jahren geht.
50 Jahre – das ist die Zeitspanne seit Gründung der in Dortmund ansässigen Einrichtung, die aus der Büchersammlung des Bibliothekars und vormaligen Werkzeugmachers Fritz Hüser (1908-1979) hervorgegangen ist und kürzlich Jubiläum feiern konnte. 1973 übergab Hüser seine seit den 1920er Jahren entstandene Sammlung, die bis heute auf rund 50.000 Bände sowie etliche literarisch Vor- und Nachlässe angewachsen ist, … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Arbeitswelt & Beruf, Buchmarkt & Lesen, Geschichte, Gesellschaft, Literatur, Region Ruhr
Verschlagwortet mit Arbeitswelt, Dortmund, Fritz Hüser, Fritz-Hüser-Institut, Iuditha Balint, Literatur und Kultur der Arbeitswelt
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„Der doppelte Erich“ – wie Kästner sich durch die NS-Zeit lavierte
Erich Kästner scheint, von heute aus betrachtet, zu den Unbezweifelbaren zu gehören. War er nicht eindeutig „links“ und somit unverdächtig, es auch nur ansatzweise mit dem NS-Regime gehalten zu haben? Wenigstens bis in die späten 1960er Jahre galt er quasi als geheiligt, und bis heute scheint sein Andenken gegen Attacken gefeit. Sind seine Bücher nicht schon 1933 auf den schändlichen Scheiterhaufen der Nazis verbrannt worden? Ja, gewiss, so war es. Und doch…
…und doch gibt es jetzt ein bedenkenswertes Buch, in dem etliche Zweifel an seiner Redlichkeit laut werden. Diese Einwände lassen sich wohl nicht so einfach beiseite wischen. Kästner, schon am Vorabend des „Dritten Reiches“ mit Büchern wie „Emil und die Detektive“ (1931) weithin berühmt, ist alle die finsteren … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Buchmarkt & Lesen, Geschichte, Gesellschaft, Kino, Krieg & Frieden, Lebenswege, Literatur, Politik und so
Verschlagwortet mit Der doppelte Erich, Drittes Reich, Erich Kästner, Tobias Lehmkuhl
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Namen über Namen: Michael Krügers „Verabredung mit Dichtern“
Eines gleich vorweg: Der Lebensleistung von Michael Krüger, dem langjährigen Leiter des Münchner Hanser-Verlags und – keinesfalls nur nebenbei – Schriftsteller, gebührt unbedingt großer Respekt, ja Bewunderung. Kaum einer neben und nach dem Suhrkamp-Doyen Siegfried Ungeld hat dermaßen viel für die Literatur seit den mittleren 1960er Jahren bewirkt. Umso mehr Aufschlüsse erwartet man von Krügers Buch „Verabredung mit Dichtern“, das im Untertitel „Erinnerungen und Begegnungen“ verheißt.
Der Band umfasst immerhin 447 Seiten, lässt also eigentlich Raum für Gründlichkeit. Doch, ach! Satt dessen wird man geradezu erdrückt von lauter Namedropping. Wenn Krüger erst einmal in Fahrt geraten ist, vergisst er (obwohl er mehrmals auf sein schwaches Gedächtnis verweist) offenbar gar keine Begegnung mit höchstkarätigen Literaten und sonstigen Künstlern aus Musik, Bildnerei, … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Lebenswege, Literatur
Verschlagwortet mit Hanser, Michael Krüger, Suhrkamp, Verabredung mit Dichtern
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Dem Tod gefasst entgegensehen – Paul Austers Roman „Baumgartner“
Ein doppeltes Missgeschick wirft das Gedanken-Karussell des Erzählens an: Zuerst hantiert Professor Seymour T. Baumgartner (genannt „Sy“), emeritierter Phänomenologe und Schriftsteller aus Princeton (USA), höchst ungeschickt mit einem glühend überhitzten Topf. Kurz darauf stürzt er eine Treppe hinunter. Slapstick mit schmerzlichen Folgen.
Doch da ist ein bleibender, ungleich tieferer Schmerz, der phantomhaft fortwirkt: Vor einigen Jahren ist Anna, die Frau seines Lebens, wider seinen Rat abends noch einmal zum Schwimmen ins Meer gegangen und von einer tödlichen Monsterwelle erfasst worden. Wie kann der Hinterbliebene das aushalten? Zitat: „Leben heißt Schmerz empfinden, sagte er sich, und in Angst vor Schmerz zu leben, heißt das Leben verweigern.“ Für eine solche Einsicht muss das Ereignis wohl schon eine Weile zurückliegen.
Seit Annas Tod … Weiterlesen
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„Nie in Mode gewesen“ – Julien Gracq und seine „Lebensknoten“
In der Handschriftenabteilung der „Bibliothèque Nationale de France“ befinden sich neunundzwanzig mit „Notules“ (Randnotizen) betitelte Hefte des Schriftstellers und Dichters Julien Gracq. Ihre Veröffentlichung hat der Autor bis 2027, zwanzig Jahre nach seinem Tod, untersagt. Jedoch hatte Gracq einige Prosastücke ins Reine geschrieben und zum Abtippen gegeben, die 2021 in Frankreich unter dem Titel „Noeuds de vie“ („Lebensknoten“) und jetzt in der Friedenauer Presse auf Deutsch erschienen sind.
Abseits des Literaturbetriebs
Nachdem Julien Gracq mit seinem ersten Roman „Auf Schloss Argon“ (1938) und seinem einzigen Theaterstück „Le Roi pêcheur“ (UA 1949) bei Verlagen und Kritikern nicht die erhoffte Anerkennung fand, wandte er sich enttäuscht vom französischen Literaturbetrieb ab, unterrichtete unter seinem bürgerlichem Namen Louis Poirier bis zu seiner Pensionierung im … Weiterlesen
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Gehen und Innehalten – Peter Handkes „Ballade des letzten Gastes“
Aus gänzlicher Fremde, wieder aus einem anderen Erdteil kommend, kehrt ein Mann namens Gregor – wie alljährlich zuvor – für eine Woche heim. Taufpate des Sohnes seiner Schwester soll er diesmal werden.
Was gibt es noch am einst heimischen Ort, was und wen kennt er noch? Nur noch Bruchstücke. Die frühere Dorflandschaft ist längst Teil einer gestaltlos ausufernden städtischen Agglomeration.
Unterwegs erhält Gregor die Nachricht, dass sein jüngerer Bruder, ein Söldner, gestorben sei. Er verschweigt es seiner Familie, erst kurz vor Gregors Abreise erfährt es wenigstens die Schwester.
Überaus sorgsam und skrupulös registriert der Heimkehrende jede Kleinigkeit, jeden Vorgang am Wegesrand. Mit Ungeduld darf das jedenfalls nicht gelesen werden. Sonst müsste man das Buch alsbald beiseite legen. Passender wär’s, man … Weiterlesen
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Entwaffnend: Platons „Apologie des Sokrates“, neu übersetzt
Sonderlich geschickt war es eigentlich nicht, was Sokrates da angerichtet hat. Er hat allerlei Fachleuten in Athen, die sich für ungemein wissend hielten, glasklar vorgeführt, dass sie im Grunde nichts wussten – und damit natürlich mancherlei Eitelkeiten verletzt.
Eigentlich kein Wunder, dass sich viele dieser Kleingeister gegen den umtriebig umher ziehenden und disputierenden Philosophen verbündet haben, Anklage gegen den angeblichen Verderber der Jugend erhoben und schließlich gegen ihn die Todesstrafe durch den berühmt-berüchtigten Schierlingsbecher erwirkten. Dabei war es keine hochfahrende Arroganz, die Sokrates antrieb; auch er selbst wusste von sich, dass er (nahezu) nichts wusste. Nur vielleicht ein klein wenig mehr als seine Gegner.
Vor dem erwähnten Todesurteil durfte Sokrates eine öffentliche Verteidigungsrede halten, seine Apologie. Platon hat sie bekanntlich … Weiterlesen
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Männliche Familienbande – Johan Simons inszeniert Dostojewskijs „Brüder Karamasow“ mit viel Gelassenheit

Elsie de Brauw als Stariza Sossima in ihrer Klause. Der brave Hund taucht in der Besetzungsliste namentlich leider nicht auf. (Foto: Armin Smailovic/Schauspielhaus Bochum)
Dies könnte eine Kirche sein, ein lichter Raum mit hohen Fenstern und vielen Kerzen, sparsam möbliert; es könnte aber auch ein Labor sein, steriler Ort für emotionslose Untersuchungen und Experimente. Beide Deutungen haben etwas für sich. Auf der Bühne des Großen Hauses inszeniert Bochums Schauspielchef Johan Simons den ersten Teil seiner „Brüder Karamasow“-Produktion.
Später wird das Publikum ins Kleine Haus umziehen, noch später im Foyer des Großen Hauses ein „Gemeinsames Dinner“ zu sich nehmen. Dies ist nicht eben ein unaufwendiges Projekt, schon das erste überaus beeindruckende Bühnenbild (Wolfgang Menardi) läßt daran keinen Zweifel.
Dostojewskijs Qualen
Tief … Weiterlesen
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„Schönes“ vor 20 Jahren – Erinnerung an eine Bochumer Erstaufführung des jetzigen Nobelpreisträgers Jon Fosse
Der Norweger Jon Fosse erhält den Literaturnobelpreis 2023. Wenn man schon ein paar Jährchen schreibt, findet sich irgend etwas Einschlägiges im Archiv, so z. B. diese – nun nahezu 20 Jahre alte – Bochumer Theaterbesprechung vom 3. Dezember 2003:
Bochum. Verglichen mit den Bühnen-Gestalten des Norwegers Jon Fosse, wirken selbst die gelangweilten Figuren eines Anton Tschechow wie Action-Helden. Hier geschieht nahezu nichts, die Dialoge sind extrem karg. So auch in Fosses neuem Stück „Schönes“. Abermals klingt jede Zwiesprache derart lakonisch, als sei’s bereits eingeübte Tiefsinns-„Masche“.
Doch es ist eine geradezu schwatzsüchtige Lakonie, die redundant in sich kreist und unversehens schräge Komik (irgendwo zwischen Loriot und Kaurismäki) freisetzt. Die Figuren haben Angst vor dem Verstummen, vor der großen Leere.
Fosse (Jahrgang … Weiterlesen
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Nachbarschaftliches Tauwetter – Elke Heidenreichs Buch „Frau Dr. Moormann & ich“
Beginnen wir mit Binsen: Im Hanser Verlag dürfen beileibe nicht Hinz und Kunz veröffentlichen. Und ein Michael Sowa wird auch nicht die Texte aller möglichen Leute illustrieren. Wenn aber die Bestseller-Autorin Elke Heidenreich mit einer Kleinigkeit käme? Ja, dann… Dann fügt es sich natürlich.
Ihr neues Buch heißt „Frau Dr. Moormann & ich“. Es handelt vom Ärger mit einer ziemlich bärbeißigen Hausnachbarin, die immer etwas zu beanstanden hat. Die Geschichte ist recht einfach gestrickt. Schon bald ist absehbar, dass es zwischen den beiden Frauen ganz allmählich ein nachbarschaftliches Tauwetter geben wird. Daran nicht ganz unbeteiligt ist der Mops der Ich-Erzählerin, der den Namen Gustav trägt. Friede den Menschen und den Nachbarinnen ein Wohlgefallen.
Zwischendurch tröpfeln etwas Botanik (Frau Dr. Moormann … Weiterlesen
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„Sprache lässt sich nicht mit Normen lenken“ – Zum Tod von Martin Walser: Erinnerung an zwei Gespräche mit dem Schriftsteller

Martin Walser am 10. Oktober 2013, Frankfurter Buchmesse. (Foto: Wikimedia Commons / Lesekreis, Heike Huslage-Koch). Lizenz: https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en
Schon seit seinem Roman „Ehen in Philippsburg“ (1957), der die gesellschaftlichen Verhältnisse der 1950er Jahre auf den Begriff brachte wie kein anderer, war der Schriftsteller Martin Walser einer der wichtigsten Protagonisten der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Jetzt ist er ist mit 96 Jahren in seinem Haus am Bodensee gestorben. Aus diesem traurigen Anlass hier noch einmal der Wortlaut zweier Gespräche, die ich 1996 und 1998 mit ihm führen durfte. Zunächst der Text von 1996:
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Dortmund. Mit seinem Roman „Finks Krieg“ hat Martin Walser (69) tiefen Einblick ins Innenleben eines Ministerialbeamten gegeben, der im Zuge eines Regierungswechsels auf einen minderen Posten abgeschoben wird. Dieser Fink, … Weiterlesen
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„Lyriksalven pflügen sich kometenhaft ins Gedächtnis“ oder: Höhenflüge beim Poetry Slam

Nur mal so als Beispiel fürs Genre: Sebastian Rabsahl, deutschsprachiger Meister im Poetry Slam 2008, bei einem Slam-Auftritt in Kiel, 2016. (Foto: Wikimedia Commons, © Ichwarsnur / Marvin Radke) – Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en
Es ist schon sehr lange her, doch erinnere ich mich gut, wie uns schon in den Einführungs-Veranstaltungen des Germanistikstudiums eingeschärft wurde, doch bitte Worte wie „Dichtung“ und „Dichter“ (vom Gendern war noch keine Rede) nicht weiter zu verwenden. So erhaben und feierlich sollte es nicht mehr zugehen, denn derlei Tremolo-Stimmung war oft genug missbräuchlich verwendet worden.
Daher die im Grunde nachvollziehbare Kehrtwende. Schlicht und einfach „Texte“ sollte es fortan heißen; ganz gleich, ob es nun um Lyrik von Hölderlin und Rilke oder einen Artikel der „Bild“ … Weiterlesen
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Mit „Normalos“ durch die Hölle – Heinz Strunks Geschichtenband „Der gelbe Elefant“
Claudia und Andi treffen Olli und Melli „beim Griechen“. Ach, wie putzig das schon klingt. Es geht in dieser Auftaktgeschichte um zwei „Pärchen“ in Lübeck. Bekanntschaft aus dem Korfu-Urlaub. Nun sondern sie beim arg misslingenden Wiedersehen dermaßen belangloses Zeug ab („super“ und „toll“ sind fast noch die klügsten Einlassungen), dass es einen beim Lesen recht ordentlich quält.
„Bitte! Jetzt nicht auch noch das!“ So möchte man den Autor anflehen. Doch ein Heinz Strunk gibt kein Pardon. Er zieht die Sache mal wieder gnadenlos durch und beleuchtet seelische Trümmerhaufen gerne grell. Schmerzlich nahe kommt er dabei einem landläufigen „Normalo“-Sound.
Auch im weiteren Verlauf seines Erzählbandes „Der gelbe Elefant“ spürt er mit Vorliebe das Normale im Bizarren und das Bizarre im Normalen … Weiterlesen
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„Rheinaufwärts“: Franz Hohlers Wanderungen ins Unscheinbare
Der Titel führt ein wenig in die Irre. Wenn ein Buch „Rheinaufwärts“ heißt, erwartet man wohl eine Tour von der Quelle bis zur Mündung – oder wenigstens auf wesentlichen Teilen dieser Strecke. Doch der Schweizer Schriftsteller Franz Hohler (Jahrgang 1943) vollführt seine Wanderungen praktisch nur in eidgenössischen oder unmittelbar benachbarten Gefilden. In seinem Buch geht es überhaupt ausgesprochen gemächlich und betulich zu.
Begonnen hat Hohler seine Wege bei Schaffhausen und Stein am Rhein im Mai 2020, zur Frühzeit der Corona-Pandemie. Es geschieht gar wenig Aufregendes. Praktisch jede Einkehr zum Kaffeetrinken wird anfangs erwähnt. Bald wissen wir auch, dass Hohler gern Apfelschorle trinkt. Dass er zwischendurch die eine oder andere Lesung absolviert. Und dass er verheiratet ist. Seine Frau wird gelegentlich … Weiterlesen
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Schauspielkunst ausgebremst: „Miranda Julys Der erste fiese Typ“ mit Maja Beckmann in Bochum

Maja Beckmann (Foto: Jörg Brüggemann / Ostkreuz / Schauspielhaus Bochum)
Zugegeben: Wenn Maja Beckmann nicht auf dem Besetzungszettel gestanden hätte, wäre ich wohl nicht hingegangen. Maja Beckmann – für den, der es nicht weiß – ist die etwas ältere Schwester der noch etwas bekannteren Lina Beckmann. Beide Schauspielerinnen stammen aus Herne, beiden ist, in unterschiedlichen Ausprägungen, ein Theaterspiel eigen, das, unter Frauen zumal, seinesgleichen auf deutschen Bühnen nicht leicht findet.
Zwei Schwestern
Wenn Lina der etwas zupackendere, offensivere Charakter ist, dann treffen auf Maja eher Attribute wie zurückhaltend, zögernd, schüchtern, unsicher, aber in diesen Valeurs wiederum auch zupackend und mutig zu. Mit dem vermeintlich falschen Ton am richtigen Platz wildgrubern sie beide ein bißchen, und ein bißchen auch ist gerade … Weiterlesen
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Buch der Enttäuschungen – Arnold Stadlers Roman „Irgendwo. Aber am Meer“
Ein Schriftsteller erzählt von seiner edel gerahmten Diskussions-Teilnahme auf Schloss Sayn im Westerwald. Dort hat doch tatsächlich jemand aus dem Publikum gerufen, er sei ein „Alter weißer Mann“ und sondere gestriges Geschwätz ab. Das muss man sich mal vorstellen.
Im Ernst: Der Zwischenruf löst beim Autor schier endlose Reflexionen voller Selbstzweifel aus. Wer will ihn überhaupt noch lesen und hören? Hätte das Publikum lieber Greta Thunberg als ihn erlebt? Ist er denn aus der Zeit gefallen? Tja, das sind Fragen. Und die Leserschaft darf mal wieder an den speziellen Problemen eines beruflich Schreibenden teilnehmen. Da möchte man gern auf Max Goldt zurückkommen, der den herrlichen Vergleich von allzeit gängigen „Künstlerfreundschaften“ mit bislang niemals gewürdigten „Elektriker-Freundschaften“ ersonnen hat.
Arnold Stadler (Jahrgang … Weiterlesen
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Ruhrfestspiele starten mit wütenden Tieren und einer wütenden Eröffnungsrede

Im Wald unter Tieren: Kathryn Hunter als Janina Duszejko (Foto: Marc Brenner/Ruhrfestspiele)
Und dann steht sie da im Scheinwerferlicht, eine zierliche ältere Frau, Holzfällerhemd, Mikrophon in der Hand, und erzählt. Um sie herum herrscht Dunkelheit, in der aber immer wieder auch geheimnisvolle Bewegung, Unheimliches, Schemenhaftes, Geahntes stattfindet. Nur manchmal wird in den folgenden zweieinhalb Stunden Bühnenlicht für kürzere Zeit auch auf Ereignisse fallen, die in Janinas Erzählung – so heißt die ältere Dame – eine Rolle spielen.
Beeindruckende Schauspielerin
Janina Duszejko ist die Hauptfigur im Stück „Drive Your Plow Over the Bones of the Dead“ (wörtlich übersetzt: „Zieh deinen Pflug über die Gebeine der Toten“), das die Londoner Theatertruppe Complicité (Regie: Simon McBurney) nach der Romanvorlage von Olga Tokarczuk einrichtete … Weiterlesen
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„Unser Geschäft ist die Fantasie“ – John Irvings Roman „Der letzte Sessellift“
Ob „Garp und wie er die Welt sah“, „Lasst die Bären los!“, „Bis ich dich finde“, „Letzte Nacht in Twisted River“: Alle Romane von John Irving wurden internationale Bestseller, manche auch erfolgreich verfilmt. Für das Drehbuch von „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ bekam Irving sogar einen Oscar. Seine Bücher sind oft viele hundert Seiten stark, auch der neue Roman, „Der letzte Sessellift“, ist mit 1079 Seiten gewichtig.
Irving greift noch einmal in die Trickkiste, entwirft ein üppiges Gesellschaftspanorama der USA, thematisiert die eigene Familiengeschichte und die politischen Abgründe Amerikas, beklagt die Bigotterie eines Landes, das Homosexuelle verfolgt, aber den von kirchlichen Würdenträgern begangenen Kindesmissbrauch vertuscht. Es gibt deftige Erotik, herbe politische Anklagen, bizarre Handlungsfäden, mit denen Irving meisterlich jongliert.
Wieder … Weiterlesen
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Nähe, Alltag und Wirrnis – Andreas Maiers Roman „Die Heimat“
1970er Jahre in der hessischen Provinz (und eigentlich nicht nur dort): In der Grundschulklasse sitzen gerade mal zwei „Ausländer“-Kinder, ein Italiener und ein Mädchen aus Bulgarien, das im gnadenlosen Urteil der Mitwelt als „wilde Zigeunerin“ gilt. Wie lange scheint das her zu sein und wie unbegreiflich fern scheint es zu liegen! Andreas Maier muss es in seinem neuen Roman „Die Heimat“ geradezu archäologisch hervorholen. Dann aber kommt es uns doch verdammt bekannt vor.
Es folgen weitere zeittypische Szenarien: bezeichnende Vorkommnisse auf dem Schulhof; eine Schwester Adelheid, die nahezu obszön in die Kreuzigung Jesu vernarrt ist und auf entsprechend drastische Weise katholischen Religionsunterricht erteilt. Das erste italienische Restaurant im Städtchen, die Fernsehserie „Holocaust“ und der bleierne Herbst des RAF-Terrorismus sind andere … Weiterlesen
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Furchtlosigkeit, Demut und Liebe – Helga Schubert über den Alltag mit ihrem demenzkranken Mann
„Darum sorgt nicht für den andern Morgen“, heißt es bei Matthäus (Kapitel 6, Vers 34), „denn der morgende Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe.“
Diese Bibel-Zeilen stellt Helga Schuber ihrem neuen Buch voran: „Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe“ konzentriert sich ganz auf das Hier und Jetzt, das Schöne und das Schreckliche des Moments. Es ist ein Buch, das furchtlos und bewegend beschreibt, wie Liebe und Leid Hand in Hand gehen, wie qualvoll es ist, seinen schwer an Demenz erkrankten Ehemann zu pflegen, einen ehemals starken Kerl und klugen Kopf, der jetzt ans Bett gefesselt ist und sich einnässt, der seine Frau oft nicht wieder erkennt und seltsame … Weiterlesen
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Raus aus dem ärmlichen Dortmunder Dreck: Jörg Thadeusz‘ Nachkriegs-Roman „Steinhammer“
Vorab eine persönliche Anmerkung, die mit dem vorliegenden Buch zu tun hat: Vor allem die erste Hälfte dieses Romans habe ich mit fliegendem oder angehaltenem Atem gelesen, weil – ich den anfänglichen Haupt-Schauplatz aus frühester Kindheit „kenne“ oder wenigstens genau dort gelebt habe, bis ich sechs Jahre alt war. An den durchgehenden Lärm der Bahnstrecke und an den Güterbahnhof kann ich mich jedenfalls noch erinnern. Da haben wir Kinder einmal Rüben aus Waggons geklaut und es gab „eine Tracht Prügel“. Ein ähnlicher Vorfall aus demselben Jahrzehnt kommt auch im Roman vor…
Gemeint ist die Dortmunder Steinhammerstraße im Schatten der damals noch mächtig aktiven Zeche Germania. Just dort hat der Roman „Steinhammer“ sein Gravitations-Zentrum. Verfasst hat ihn der TV-bekannte, 1968 in … Weiterlesen
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Unterwegs ins Unerklärliche: Georg Kleins Erzählungsband „Im Bienenlicht“
Zum seinem 70. Geburtstag (29. März) legt uns Georg Klein einen neuen Band mit Erzählungen vor. Im Bienenlicht heißt die Zusammenstellung von achtzehn Texten, gegliedert in zwei Teile, die mit „Wachs“ und „Honig“ überschrieben sind.
In bester Tradition des phantastischen Erzählens lotet Georg Klein die Grenzen dessen aus, was mit Literatur möglich ist, und scheint sich in manchen der Texte noch einige verwegene Schritte tiefer ins Neuland vorzuwagen als in seinen bisherigen Romanen und Erzählungen.
Sich treu geblieben ist der Autor in seiner Vorliebe für das Skurrile, für das Traumhafte und Phantastische, in seinem Hang zu kunstvollen Verrätselungen, im Schaffen dichter, oft unheimlicher Atmosphären. Aus früheren Romanen und Erzählungen bekannte Themen und Motive tauchen auch in dieser Sammlung auf, zum … Weiterlesen
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„Fang einfach von vorne an“ – Enzensbergers „Leichte Gedichte“
Er war einer der bedeutendsten Dichter und Denker der Gegenwart. Im politisch und kulturell brachliegen Nachkriegsdeutschland erneuerte er die Lyrik und wurde zum Stichwortgeber unzähliger Debatten.
Oft war er Kandidat für den Literaturnobelpreis. Bekommen hat er ihn aber nie. Als er im vergangenen November im Alter 93 Jahren verstarb, hinterließ Hans Magnus Enzensberger ein gigantisches Werk. „Leichte Gedichte“ heißt sein neuer Band: Es ist ein lyrisches Vermächtnis.
Sich selbst verblüffen
Sich auf eine literarische Spielart festlegen, einer politischen Position treu bleiben: uninteressant. Eine Versammlung von „Best-Of“-Gedichten? Langweilig. Lieber etwas Neues, Unerwartetes, sich selbst verblüffen, das Publikum verzaubern mit „Leichten Gedichten“ in einer Zeit schwerer globaler Krisen. Das Kurzweilige und Lehrreiche, Unterhaltsame und Tiefgründige spielerisch verschmelzen, das war sein Ding.
„Lies … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Hans Magnus Enzensberger, Leichte Gedichte
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