Archiv der Kategorie: Kunst & Museen

Ein Dortmunder Stillleben

Vanitas – alles Irdische ist eitel und vergänglich. Dieser Umstand ist auf barocken Bildern hinreichend beschrieben worden. Eine erfrischende Neu-Interpretation erfuhr das Genre nun durch einen unbekannten Installationskünstler auf der Dortmunder Kampstraße. Die Materialien: Mixed Media (Glasflasche, Taubenleiche, Heckenrosen).

Neu ist einerseits, dass der Anonymus organische Materialien verwendete und damit quasi die Dimension der Zeit, die Vergänglichkeit, nicht nur anhand von Symbolen andeutet, sondern gleich damit arbeitete. Schon Stunden später vermutlich wird ein unwissender Flaschensammler oder Straßenreiniger das Arrangement zerstört haben, und wenn nicht, täten Insekten das ihre, das Bild zu zerstören, indem sie das tote Tier schändeten. Auch die Heckenrosen würden verblühen.

Erfrischend ist andererseits die Erweiterung der Symbolik: Statt Geige, Schmuck oder Büchern steht hier die Pilsflasche stellvertretend … Weiterlesen

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Als Heinrich Heine von den Franziskanern lernte

Mitten im Trubel der Düsseldorfer Altstadt gibt es seit etwa fünf Jahren einen sehr ungewöhnlichen Ort der Ruhe – das „Max-Haus“.

Es ist katholisches Stadthaus, Veranstaltungszentrum, Kunstgalerie, Gebetsstätte, Cafe und Konzerthaus in einem. Ungewöhnlich wirkt es nicht nur durch die Ausstrahlung, sondern vor allem durch seine preiswürdige Architektur, seine Offenheit für jedermann und seine Geschichte.

In der Nähe des früheren Hafens hatten Franziskaner auf den Resten der alten Citadelle 1661 ein Kloster errichtet, eine Kirche gebaut und ab 1695 eine Lateinschule eingerichtet, die Vorläuferin der heute noch bestehenden Max-Schule. Die Kirche war ursprünglich dem heiligen Antonius von Padua gewidmet. Als jedoch 1803 durch den Beschluss zur Säkularisation auch Kirche und Kloster abgerissen werden sollten, benannten die Mönche ihren Komplex schnell … Weiterlesen

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Zum Tod des Malers Norbert Tadeusz

Der 1940 in Dortmund geborene Maler Norbert Tadeusz ist tot. Der Schüler von Gerhard Hoehme und Meisterschüler von Joseph Beuys ist am Montag in seinem Düsseldorfer Atelier gestorben. Tadeusz besuchte anfangs die Dortmunder Werkkunstschule, studierte von 1961-1965 an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er später (1981-1988) als Professor wirkte. Um eine ungefähre Vorstellung von seiner Kunst zu geben, hier ein Rückblick auf seine letzte größere Ausstellung im Ruhrgebiet, die 2009 im Museum Bochum zu sehen war:

Dem Werk von Norbert Tadeusz kann man sich von vielen Seiten her nähern. Wollte man den physischen Zugang betonen, so würde man sich wohl bevorzugt seinen Fleisch-Bildern widmen. Deren immer wieder obsessiv durchmessene Bandbreite reicht vom prall ausgekosteten Frauenakt bis zum tierischen Kadaver im Schlachthaus. … Weiterlesen

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Ist es im Dortmunder „U“ manchmal etwas unheimlich?

Neulich lag ich im Krankenhaus, als am Sonntagabend ein junger Kosovo-Albaner eingeliefert wurde. Als Bettnachbarn kamen wir ins Gespräch.

Er war beim Fußballspiel am Kopf verletzt und zur nächtlichen Beobachtung in mein Zimmer eingeliefert worden. Der etwa 30-jährige Mann erzählte mir auch von seiner Arbeit. Als Angestellter einer Sicherheitsfirma war er mit seinen Kolleginnen und Kollegen für die Bewachung im Dortmunder „U“ zuständig. Mit Kunst und Kultur in diesem Sinne hatte er nicht so viel am Hut, aber er stellte immerhin fest, dass er als Aufpasser oft ganz allein in den Räumen stehe. Kaum Besucher, und das, wo doch seine Firma so viel Geld für die Bewachung bekomme. Wer das denn wohl alles bezahlen müsse?

Jetzt legten auch die Offiziellen … Weiterlesen

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Max Pechstein: Verlorenes Paradies

Max Pechstein "Selbstbildnis mit Hut und Pfeife", 1918 (Kunsthaus Zürich/Copyright: Pechstein - Hamburg/Tökendorf)

Max Pechstein "Selbstbildnis mit Hut und Pfeife", 1918 (Kunsthaus Zürich/Copyright: Pechstein - Hamburg/Tökendorf)

Das ursprüngliche Leben – wer hätte es nicht zuweilen im Sinn? Etliche Vor- und Wunsch-Bilder des „Zurück zur Natur“ lassen sich im deutschen Expressionismus finden, beispielsweise bei Max Pechstein (1881-1955). Ihm widmet jetzt das zwischen Ruhrgebiet und Münsterland gelegene Kunstmuseum Ahlen eine Retrospektive mit 140 Exponaten.

Sowohl finanziell (erkleckliche Versicherungssummen) als auch räumlich ist man bis an die Grenzen gegangen. Selbst in Treppenhaus-Winkeln hängen noch Bilder, entgegen einer puristischen Lehre der Präsentation. Doch man kann den Antrieb des Museumsleiters Burkhard Leismann verstehen, der auch einige Raritäten aufbietet: Dies dürfte für lange Zeit die letzte Gelegenheit zu einer weiter ausgreifenden Werkschau sein, welche auch Gebrauchskunst (Schmuck, Buchillustrationen, Speisekarten … Weiterlesen

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„Humboldt-Box“: Temporäres Raumschiff mitten in Berlin

Nach der Wende wurde Berlin nicht zur Hauptstadt der Deutschen, sondern auch zur Metropole des Temporären und Unfertigen.

Keine Kunst, kein Neubau ohne Infobox und Eventprogramm. Die Baustelle am Potsdamer Platz konnte man von einem auf Stahlstelzen stehenden riesigen roten Container aus verfolgen. Weil ein Haus für moderne Kunst fehlte, baute man einen „White Cube“ vors Rote Rathaus.

Jetzt ist in der historischen Mitte Berlins, in direkter Nachbarschaft zu Lustgarten, Museumsinsel und Dom, ein außerirdisch anmutender Würfel aus Glas und Beton gelandet. Wo einst das vom Krieg zerstörte und von Walter Ulbrichts Baubrigaden weggeräumte Hohenzollernschloss stand und nach dem Abriss des asbestverseuchten Palastes der Republik ein städtebauliches Loch gähnt, steht nun die „Humboldt-Box“: 28 Meter ist sie hoch, auf fünf … Weiterlesen

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Aus der Sehnsucht nach einem „Käfer“ wurde eine Kunstsammlung

„Wäre ich nicht Westfale, Sie würden unschwer feststellen, welche Begeisterung mich gerade bewegt!“ Thomas Hengstenberg untertreibt. Selbst seine westfälische Herkunft kann nicht verdecken, dass dieser Mensch irgendwo zwischen Glückseligkeit und überbordendem Stolz schwebt, wenn er von Frank Brabant, vom „Haus der Moderne“, vom Werden der einstigen Schlossruine zum wundervollen „Haus Opherdicke“ in Holzwickede und wieder von Frank Brabant spricht. Thomas Hengstenberg stimmt einige Lokalpolitiker (darunter durchaus wuchtige Skeptiker) auf den Rundgang durch die obere Etage ein, wo sich, begleitet von seiner wahrhaft liebevollen Fürsorge, Werke aus der Brabant-Sammlung zu einer, selbst Laien berührenden Ausstellung „Frauenansichten“ zusammengefunden haben. Doch zuvor müssen/dürfen sich die etatgewaltigen Damen und Herren sich anhören, wie es dazu kam und was sie mit kommunalen Umlagefinanzen unterstützen.

Irgendwie … Weiterlesen

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Essen und gegessen werden

Das Verfahren hat sich bewährt: Man nehme einen ortsspezifischen Ort und rufe Kunstschaffende zur Einreichung ortspezifischer Werke auf. Dem Ort tut das gut, weil er in der Regel nicht gerade im Brennpunkt öffentlichen Interesses steht. Vielmehr gilt häufig das Prinzip „bring in the Clowns.“ Mit andern Worten: Wenn die Abrissbirne bereits Anlauf nimmt, holt die Künstler! So kommt man nochmal in die Zeitung und wird vieler schöner Synergieeffekte teilhaftig.

Den KünstlerInnen tut das auch gut, weil die Aufforderung zur Reaktion auf ungewohnte Gegebenheiten entweder zur Erweiterung des eigenen Aktionsradius verleitet, oder aber Gelegenheit bietet, bestehende Arbeiten umzuetikettieren – will sagen: „einer Revision zu unterziehen“.

Türsteher mit Wutzn, Foto CL

Türsteher mit Wutzn, Foto CL

Entgegen dieser fahrlässigen Verallgemeinerung findet die neunte Ausgabe der Ausstellung „Vogelfrei“ … Weiterlesen

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Konzeptlos in die documenta

Die documenta ist in vielerlei Hinsicht ein sehr, sehr merkwürdiges Unterfangen. Sie will Weltausstellung der Bildenden Kunst sein und liegt doch in der Hand nur eines Direktors. Sicher wird der seine Adlaten und Faktoten treiben, an ihm allein, so zeigt’s die Geschichte, bleibt aber der Ruhm oder Unruhm kleben. Und überdies: Eine „Weltkunst“ gibt es nicht. Niemand kann die Übersicht haben, und uns zu geben vermag sie auch keiner. Was sicher auch damit zutun hat, dass der Mensch, gemessen an den Zeitläuften, nur ein relativ enges Fenster bewusst mitbekommen kann. Steht man beispielsweise im Saft seines Lebens, das Grünzeugs hinter den Ohren ist fortgeschnippelt, und haben einen Mami und Papi nicht gerade im Buggy durch jede Ausstellung und die Kasseler … Weiterlesen

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Wille zur Schönheit

1. Szene: Gegen Ende eines Crashkurses zum Thema „Geschichte des Russischen Konstruktivismus“ verabschiedet sich die Volkshochschulgruppe. Nachdem ich sie neunzig Minuten lang mit Manifesten und dem damit einhergehenden Bildmaterial strapaziert habe, sehe ich mich von ratlosen Gesichtern in komischer Verzweiflung umgeben. Eins erfrecht sich, auszusprechen, was alle denken: „Das war heut aber kompliziert.“

„Oh ja“, beginne ich meine positive Verstärkung, „und das ist erst der Anfang. Ab jetzt wird es immer schlimmer. Und wenn wir erst bei der Konzeptkunst mit dem Charme eines Aktenschranks voller Leitz-Ordner angelangt sind, werden Sie mich anflehen, doch wenigstens ein klitzekleines Bildchen zu powerpointen. Aber wahrlich, ich sage Ihnen: Nix gibt’s. Kunst und Ästhetik hat ma grad SOWAS VON ÜBERHAUPT NIX miteinander zu tun!“

[Unterdrücktes … Weiterlesen

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Museum Bochum: Anatol und seine Arbeitszeit

Anatol neben seinem Bild "Brief einer sterbenden Lehrerin" (Acryl auf Pressspan, 1996)

Anatols künstlerische Arbeiten zu sehen, das ist das Eine. Ihn reden zu hören, das ist das Andere. Wobei natürlich eins mit dem anderen zu tun hat. Eine Präsentation im Museum Bochum legt jetzt Gewicht auf die leibhaftige Gegenwart des inzwischen 80-jährigen, staunenswert vitalen und nach wie vor handfest arbeitsamen Künstlers, der für so genannte „Ringgespräche“ im Kreise interessierter Besucher in die Revierstadt kommt. Er verlegt also seine „Arbeitszeit“ (Ausstellungstitel) an den Ort, wo sonst „nur“ Hinterlassenschaften der Künstler anzutreffen sind.

Das hört sich einigermaßen harmlos an, kann aber im Falle Anatols geradezu durchtrieben sein, jedenfalls geistig ungemein produktiv. Jeweils zwei Stunden dauern die inspirierenden Runden. Wer den einstigen … Weiterlesen

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Eberhard! (Schlotter…)

Schlotter "Schwarzer Lappen", 1962, Mischtechnik, Foto CL

Schlotter "Schwarzer Lappen", 1962, Mischtechnik, Foto CL

Ich bin ja sehr tolerant. Und grundsätzlich historisch interessiert. Wenn mich also jemand fragt, ob ich mitkäme in den Kunstverein einer mittelgroßen Gemeinde (wart ihr schon mal in „Darmstadt“ (sic)? Liegt südlich von Wixhausen (sic). Kein Scherz; die Hessen sind bekannt für poetische Namensgebungen.) Also jedenfalls, wenn mich jemand sowas fragt und mir die Besichtigung der Ausstellung eines neunzigjährigen Malers in Aussicht stellt, sag ich natürlich gequält aber aufgeschlossen „kann’s kaum erwarten“ – oder sowas in der Richtung. Meister der Moderne muss man sich schließlich unermüdlich draufschaffen, weil wie wir wissen, ist besagte Moderne ja unsere Antike und so.

Dass mir der Name Eberhard Schlotter (tja, auch Niedersachsen können poetisch) noch nie begegnet … Weiterlesen

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Immobilien-Theater – Raumfessel oder Trutzburg

Steht erst einmal ein Gebäude, kann dort kein anderes stehen. Eröffnet man zum Beispiel in diesem Gebäude ein Theater, kann man die folgenden Jahrzehnte kein anderes eröffnen. Da ist der geschlossene, umbaute Raum. Dort ist das Theater verortet, ob der Mensch will oder nicht.

Und im Innern, in den dunklen Räumen ohne Fenster arbeitet der Theatermensch, der Opernmensch oder an mancher Stelle auch der Tanzmensch an seinem Werk, umschlossen vom Schutzraum, der ihm es gestattet, ja gebietet, dort das Theater mit Leben zu füllen. Es hat also eine Adresse, für die Verantwortung getragen wird. Es wird Geld ausgegeben, damit die Kunst lebendig bleibt. Der Staat, das Land, die Stadt – sie sind die Ermöglicher und eine Immobilie zu betreiben, ist … Weiterlesen

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Bad Painting. Zu den Offenbacher „Kunstansichten“

Wieder eine dieser konzertierten Aktionen, bei denen sich die sonst Konkurrierenden versöhnlich in die Arme sinken, um sich ein Wochenende lang als würdig zum Empfang kommunaler Zuwendungen zu erweisen. Dies ist keinesfalls so polemisch gemeint, wie es klingt – ich persönlich liebe solche Wimmelveranstaltungen und fahre stoisch alles ab (nicht um!), was sich mir in den Weg stellt: Galerien beim Galerien-Wochenende, Ateliers beim Atelier-Wochenende.

Das einzige Auswahlkriterium meines planlosen Besichtigungsrausches, die verkehrstechnische Machbarkeit, führt mich in – sagen wir mal „abwechslungsreiche“ Umgebungen. Es gibt halt solche und solche, und letztere überwiegen zuweilen bei solchen Gemeinschaftsevents.

Sämtliche Bilder sind keine Negativbeispiele sondern veranschaulichen das für den Text zentrale Thema der Vernetzung. Mark Bradford "And Off They Went", 2010, Foto CL

Sämtliche Bilder sind keine Negativbeispiele sondern veranschaulichen das für den Text zentrale Thema der Vernetzung. Mark Bradford "And Off They Went", 10, Foto CL

Harmoniebedürftig … Weiterlesen

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Verbrieft – Bekenntnisse eines Briefschreibers

Die Sondermarke prangt glänzend auf dem Umschlag. Man denkt kurz an Ringelnatz und verabschiedet sich. Ein Kulturwelt-Erbe befindet sich auf dem Rückzug.

Letzte Gefechte?

Noch ein Brief, nochmal an den Schreibtisch, der diesen Namen auch verdient. Freies Sichtfeld. Ein weißes Blatt Papier, jungfräulich schön. Das Schreibgerät liegt gut in der Hand. Das sollte so sein. Man hat ein paar Stunden zu tun. Das ist nicht immer so, aber es ist eine Option, mit der man rechnen muss.

Man kann von einer langen Tradition sprechen. Unzählige Kulturschaffende standen in Briefkontakt und pflegten ihn. Schriftsteller schrieben Briefe, die den Vergleich mit Büchern nicht scheuen mussten. Es ist hier nicht die Rede von Geschäftsbriefen, sondern von persönlichen Kunstwerken,

intimen Mitteilungen und „archäologischen“ Unternehmungen.… Weiterlesen

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Hirnforschung – mit den Mitteln der Kunst

Liebes Revier. Genaugenommen braucht es euch nicht zu bekümmern, welche Ausstellung heute in anderen Bundesländern eröffnet. In der vorliegenden aber geht es um ein Hirn. Und ich dachte, weil bei euch der eine oder andere vielleicht auch sowas hat, könnte es interessant sein. Hier also nähere Infos zu

Max Brand: „Meine Gedanken“

Galerie Jacky Strenz, Frankfurt am Main, 7.5. – 1.7.11

Schlechte Sicht. Der Blick von der Straße wird von einem Vorhang getrübt. Die mangelnde Transparenz ist Absicht, ist doch der Ausstellungsraum nichts weniger als die Veranschaulichung eines Gehirns, und als solches bekanntlich von außen nur bedingt einsehbar.

Einmal eingetreten, bietet sich die unverstellte Sicht auf zwei- und dreidimensionale Äquivalente für „Meine Gedanken“. „Seine“ genaugenommen, doch Besitzverhältnisse sind hier … Weiterlesen

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Künstlergruppe Freiraum2010 verabschiedet sich von der Lukaskirche

Zweite Freiraum2010-Ausstellung in der LukaskircheDie entweihte Lukaskirche in Essen-Holsterhausen soll modernisiert werden, die Kunst muss raus. Nach zwei erfolgreichen Austellungen verlassen die Künstler von Freiraum2010 das einst christliche Gebäude in der Planckstraße.

Am 1. Mai war letzter Ausstellungstag. Zum Abschied verkündete Joscha Hendricksen, Pressesprecher der Gruppe, die „100 Thesen zum Freiraum“ – in Anlehnung an René Polleschs „Der perfekte Tag“, wie er betonte. Entsprechend nachdenklich wirken nun die teils lustig, intelligenten und immer irgendwie abgedreht klingenden Thesen nach. „Nach fast einem Jahr auf der Suche nach Freiräumen, ist unsere Gruppe gewachsen. Dass wir jetzt wieder ohne Ort zum Zusammenkommen und Arbeiten dastehen, ist eine Tragödie. Dies schwächt unsere Gruppe und erschwert die Möglichkeit, künstlerische anspruchsvolle Projekte zu entwickeln und zu verwirklichen“, sagte Hendricksen … Weiterlesen

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Well established? Mäßige Ware beim Spinnereirundgang

Die Zeiten des Undergrounds sind vorbei. Die Leipziger Baumwollspinnerei ist gentrifiziert und im allgemeinen Kunstbetriebseinerlei angelangt. Vergangenes Wochenende bewies der Rundgang am Ort der Verheißungen abseits der Bundeshauptstadt, die mit ihrem Gallery Weekend wieder Rekorde brach, dass in Plagwitz die Luft raus ist.

Nicht, dass es in Berlin besser sei, aber: Langeweile bei Judy Lybke, der am Samstag Nachmittag nicht an der Spree weilte, sondern seiner Heimatstadt den Vorzug gab. Er zentriert sein Angebot um eine Arbeit von Carsten Nicolai, „pionier I“. Die Gallerina am Eingang sagt mit Wimpernaufschlag: „In fünf Minuten geht’s los“, als ob im Zoo die Pinguinfütterung begänne. Hatte aber vorher schon gesehen, dass eine Windmaschine einen weißen Fallschirm blähte. Das bisweilen zappelige Ding solle laut Handzettelprosa … Weiterlesen

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Die Lecture-Performance (oder so)

Mein Fehler. Ich habe mir den falschen Platz gesucht: Damit sich die später Eintreffenden nicht an mir vorbei schieben müssen, hatte ich mich in die Mitte einer Stuhlreihe gesetzt statt an den Rand. Und weil der Sprecher so prominent ist und ich ihn aus nächster Nähe bestaunen wollte, auch noch ganz vorne. Da sitze ich nun und kann nicht anders. Könnte ich anders, hätte ich mich nach ca. zwanzig Minuten geschlichen, und zwar in der Überzeugung, dass der Vortrag später sicher gut geworden wäre, ich aber mal wieder zu ungeduldig war. Aufgrund dieses Schuldbewussteins wäre der prominente Dozent in meiner Achtung gestiegen. Eingeklemmt aber zwischen LeidensgenossInnen bleib ich sitzen, hauptsächlich, um keinen Massenexodus loszutreten. Also erleide ich die ungekürzte Fassung … Weiterlesen

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Gnadenlose Zuversicht

Auf der "Art Cologne": Martin Städeli "doDo, Condoodnoc" (2010).

Martin Städeli "doDo, Condoodnoc" (2010).

Mir scheint, als ob ich über Kunstmessen fast häufiger schreibe als über Ausstellungen – im vorliegenden Fall ist es die Art Cologne. Und da mich weder Kauf- noch Verkaufsabsichten treiben, konsumiere ich sie aus purer Genusssucht. Schließlich kann ich davon ausgehen, dass ich auf Messen mit all den anstrengenden Begleiterscheinungen themengebundener  Ausstellungen verschont werde: Keine Wandtexte, keine Vitrinen voll Dokumente, keine wortgewaltigen Videos, keine performativen Belastungsproben.

Zwar wissen wir, dass Kunst mehr ist als das, was an eine Wand oder auf einen Sockel passt, unter Messebedingungen aber beschränkt sie sich eben doch auf eben diese verkaufsfördernden Formate. Wie erholsam.

Warum begebe ich mich in die Niederungen einer Verkaufsfläche, statt mich inmitten der wissenschaftlich begleiteten Konsumzurückhaltung … Weiterlesen

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Verschaukelt

Die Einheit ist Geschichte, und sie ist nach wie vor unvollendet. Vollendete Tatsachen schaffte jedoch die Einheitsdenkmalsjury mit ihrer Auswahl des Entwurfs aus dem Stuttgarter Architekturbüro Milla, das zusammen mit Sasha Waltz die Möglichkeit des Andenkens an die Prozesse, die zu dem Staatsgebilde von heute geführt haben, grandios dämlich verschaukelte. Dieses Werden als 50 Meter breite Wippe materialisieren zu wollen, mag vielleicht als Metapher im Hirn funktionieren. Die Vorstellung, das Ganze dann in der Nähe des rekonstruierten Disney-Objekts namens Stadtschloss aufgestellt zu erleben, führt zu einem Ensemble, das an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist.

Sicherlich, unter keinem guten Stern stand das Projekt von Beginn an. Zuerst die Schmach des Scheiterns von Wettbewerb Nummer eins. Aber auch der zweite Rundgang verhieß … Weiterlesen

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Überall Bananen!

Heute ein weiterer Beitrag in der Reihe „Man muss nicht alle Künstler mögen.“

Vor einiger Zeit habe ich mich an dieser Stelle über Ottmar Hörl und seine Plastik-Viecher ereifert. Dessen Hervorbringungen sind aber noch gar nichts gegen die Monokultur des Thomas Baumgärtel. Der Mann hatte mal eine Idee, nämlich möglichst den ganzen Globus mit Bananen zu bedecken. Diesen Einfall verfolgt er seither mit Furcht erregender Besessenheit.

1983 begann es mit der „Kreuzigung einer Banane“. 1986 verzierte Baumgärtel erstmals einen Kunstort mit einer gesprayten Banane. Die gebogenen Schablonen hat er seither denkbar häufig eingesetzt. Man glaubt es kaum, wie sich dies zur Manie steigern konnte: Bis heute hat er rund 4000 Stätten (vornehmlich Museen und Galerien) bananig und bananisierend heimgesucht. Dafür … Weiterlesen

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Ottmar Hörl: Haufenweise Kunst-Stoff

Es juckt mich schon lange, einmal über den Künstler Ottmar Hörl zu schreiben. Nur gleich frisch heraus mit meiner Meinung: Seine auffälligen Aktionen langweilen durch penetrante Wiederholungsträchtigkeit. Auch halte ich sie weder für gedankenreich noch für gedankenstiftend.

Jetzt ist der Hansdampf wieder zugange, diesmal auf dem Marktplatz zu Wittenberg, wo er gleich 800 Plastik-Figuren des einstmals ortsansässigen Martin Luther aufstellen lässt. Wenig einfallsreicher Titel der Aktion: „Martin Luther – Hier stehe ich.“ Er kann eben nicht anders. Bis zum 12. September sollen die grünen, roten, blauen und schwarzen Reformatoren in Wittenberg zu sehen sein, anschließend werden sie für 250 Euro pro Stück verkauft (signiert je 500 Euro, ab 2011 dann 700 Euro).

Der Süddeutschen Zeitung (SZ) ist dieses einfältige Brimborium … Weiterlesen

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Ins Getriebe der Wirtschaft blicken

Rot – Gelb – Blau. Rot – Gelb – Blau.

Der Künstler Andreas Siekmann hat immer und immer wieder dieselben Farben genommen. Auf jedem Blatt. Seine Bilder bringen wirtschaftliches Geschehen auf den Punkt. Vorsichtiger gesagt: Sie stellen in immer neuen Versuchsanordnungen die Frage, wie man dies sinnvoll bewerkstelligen kann. Sie ranken sich um ein Zeichensystem der Piktogramme und reihen sich wie Argumentations-Ketten, oft mit frappierender Folgerichtigkeit, zuweilen mit spielerischen Ausläufern. 223 Blätter sind auf exakt vermessenen und installierten Tischen zu sehen. Hie und da kreuzen sich ihre Fluchtlinien, als wären es die Gelenkstellen der gesellschaftlichen Debatte.

Siekmann zeigt seinen zeichnerischen Zyklus „Aus: Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (1996-1999), der in anderer Form bereits auf der documenta (2002) präsentiert wurde. Jetzt ist … Weiterlesen

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Ernst Barlach: Ruhige und unruhige Form

Bei jüngeren Kunstbetrachtern dürfte Ernst Barlach (1870-1938) als ausgesprochen vorgestrig und „uncool“ gelten. All diese hageren, ärmlichen, gebeugten Gestalten. Dazu asketische Apostel und Künder. Dieses pathetische, inständige Ringen ums Ganze der Existenz. Skulpturen mit Titeln wie „Geistkämpfer“. Das geht doch wohl nicht mehr…

Was aber, wenn uns jetzt – nach allen Ironien und sonstigen Kapriolen – ein neues Pathos oder wenigstens eine neue Gradheit anstünden? Und wenn wir nun Ausschau halten sollten nach historisch beglaubigten Arten, Not und Armut darzustellen? Dann kämen wir vielleicht um Barlach oder Kollwitz immer noch nicht herum.

Im Cappenberger Schloss kann man sich jetzt einen reichhaltigen Überblick zum bildnerischen Werk von Barlach verschaffen – anhand von rund 60 Skulpturen sowie 250 Druckgraphik-Blättern und Zeichnungen. Der … Weiterlesen

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Was bleibt von der Kunst der 80er Jahre?

„Neue Wilde“, „Junge Wilde“, „Heftige Malerei“ – an Etikettierungen für die Kunst der (frühen) 80er Jahre mangelt es nicht. Nach all dem prinzipiellen Misstrauen gegen Bilder, das die Szene schließlich geradezu gelähmt hatte, brach um 1979/80 eine offenbar lang angestaute Flut hervor. Schon bald gab es machtvolle Manifestationen wie die Großausstellungen „Westkunst“ in den Kölner Messehallen (1981), „Zeitgeist“ im Berliner Gropius-Bau (1982) und die von Rudi Fuchs geleitete documenta (ebenfalls 1982).

Unter dem verkaufsfördernden Motto „Es wird wieder gemalt“ nahm auch der Handel Aufschwung. Positiv gewendet: Die Kunst war also offenbar doch noch nicht tot. Ebenso wenig wie die vordem totgesagte Literatur. Mag immerhin sein, dass man sich für diese neuen Aufbrüche auch naiv (oder gar dumm?) stellen musste, damit … Weiterlesen

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Schmuck mit Seele

Wie hat wohl die Urgeschichte der Skulptur begonnen, von welcher Art waren die frühesten Vor-Bilder? Prof. Christoph Brockhaus, Chef des Duisburger Lehmbruck-Museums, hat da eine plausibel klingende Vermutung: Amulette und magische Glücksbringer in Form von Schmuckstücken dürften von allem Anfang an gefertigt worden sein. Es birgt also seinen tieferen Sinn und Hintersinn, dass das auf Skulpturen spezialisierte Haus nun Schmuck zeigt, der von Bildhauern geschaffen wurde.

Brockhaus legt Wert auf trennscharfe Unterscheidung vom bloßen Schmuck-Design. Dabei stünden die gute (anzufügen wäre: meist eher gefällig geglättete) Form und handwerkliche Präzision im Vordergrund, während Künstler auch auf diesem Gebiet mit geistigem Anspruch antreten, zumeist auf Transzendenz aus sind und hierzu dem Material eine ureigene, möglichst unverwechselbare Handschrift aufprägen.

Manche dieser Prägemuster oder … Weiterlesen

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Neues unter der Sonne

Es gibt offenbar noch Neues unter der Sonne: In Wuppertal behaupteten die Museumsleute kürzlich, sie zeigten jetzt den allerersten deutschen Gesamtüberblick zum Werk des Impressionisten Claude Monet. Jetzt sagen die Kollegen in Bielefeld, es habe bislang noch keine vergleichbare Retrospektive zum deutschen Impressionismus gegeben. Ihre Ausstellung sei somit eine Art Premiere. Wer skeptisch ist, der beweise jeweils das Gegenteil.

Folgt man einer Bielefelder Ausgangs-These, so hat der deutsche Impressionismus mit den weltberühmten französischen Spielarten dieser Kunstrichtung nicht allzu viel gemein, sondern war ein eigener und eigensinniger Strang der Kunstgeschichte. Antriebe und Absichten waren demnach ebenso verschieden wie Stimmungswerte oder Farbpalette. Letztere haben nicht nur mit der (schwer greifbaren) „Mentalität“, sondern auch mit konkreten landschaftlichen Gegebenheiten zu tun. Deutscher Wald ist … Weiterlesen

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Damit noch Spuren bleiben

Wer ist eine „Kultfigur“ von Paderborn? Nein, jetzt mal nichts Katholisches. Eher so auf dem Felde der schönen Künste.

Museumsleiterin Andrea Wandschneider sagt mit Nachdruck, Willy Lucas habe allemal das Zeug dazu. Sie und Markus Runte (Museum für Stadtgeschichte) haben mit großem Fleiß dafür gesorgt, dass dieser Künstler nun gleich an drei Ausstellungsorten (siehe Anhang) der Stadt gewürdigt wird, und zwar nahezu für ein halbes Jahr. Zur Eröffnung erklang eine eigens komponierte musikalische Uraufführung, Torsten Brandes’ „Fünf Lieder zu Bildern von Willy Lucas“.

Anlass solcher Anstrengungen, die sicherlich auch dem Stadtmarketing aufhelfen sollen, ist der 125. Geburtstag des Malers, der am 20. Februar 1884 im nahen Bad Driburg zur Welt gekommen ist und den außerhalb zweier eng umgrenzter Regionen heute … Weiterlesen

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Flimmern und flirren

Gepriesen sei ein solches Tauschgeschäft auf Vertrauensbasis: Wuppertals Von der Heydt-Museum zeigt eine Auswahl seines expressionistischen Besitzes im Pariser Musée Marmottan Monet – und hat im Gegenzug leihweise rund 30 Spitzenwerke Claude Monets erhalten. Hinzu kommen passende Ergänzungen aus etlichen anderen Häusern. Grandioser Effekt: Jetzt können in Wuppertal herausragende Beispiele aus allen wesentlichen Werkphasen des berühmten Impressionisten präsentiert werden.

Mit dem Wort „Sensation“ sollte man allzeit vorsichtig umgehen. Doch hier dürfte es angebracht sein. Denn einen vergleichbaren Gesamtüberblick zu Monet hat es – kaum glaublich – in Deutschland noch nicht gegeben.

Gewiss: Das Weltkunstwerk „Impression – soleil levant“ (Impression – Sonnenaufgang) zählt n i c h t zu den Leihgaben. Eine entsprechende Anfrage verstieße gegen alle internationalen Gepflogenheiten unter Museumsleuten. … Weiterlesen

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Norbert Tadeusz und der collagierende Blick

Dem Werk des gebürtigen Dortmunders Norbert Tadeusz (Jahrgang 1940) kann man sich von vielen Seiten her nähern. Wollte man den physischen Zugang betonen, so würde man sich wohl bevorzugt seinen Fleisch-Bildern widmen. Deren immer wieder obsessiv durchmessene Bandbreite reicht vom prall ausgekosteten Frauenakt bis zum tierischen Kadaver im Schlachthaus. Begehren und Blut. Vital und letal.

Doch es gibt nicht nur diese (bestürzend) sinnliche, sondern auch eine übersinnliche, traumverlorene Dimension dieses Schaffens, die sich geisterhaft in allgegenwärtigen Schatten zeigt. Diesen Aspekt fasst nun das Museum Bochum in den Blick.

Die gemeinsam mit der Düsseldorfer Galerie Gmyrek in relativ kurzer Frist zusammengestellte Auswahl erstreckt sich aufs erste und zweite Geschoss des Hauses. Besonders stolz ist Bochums Museumsdirektor Hans Günter Golinski darauf, dass … Weiterlesen

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Komm nach Hagen…

„Komm nach Hagen, werde Popstar“, so hieß vor langer Zeit ein knackiger Song von „Extrabreit“ – und danach eine in Westfalen oft zitierte „Spiegel“-Schlagzeile Anfang 1982. Damals machte die „Neue Deutsche Welle“ (NDW) etlichen Wind – erstaunlicherweise vor allem von Hagen aus. Diese Geschichte darf nun auf gehörig gehobenem Niveau-Plateau ergänzt werden. Demnach könnte es jetzt heißen: „Komm nach Hagen, sei ein Kunstfreund.“ Oder bleibe es…

Am 28. und 29. August wird in der sonst meist nicht allzu aufregenden und schon gar nicht glamourösen Stadt ein „Kunstquartier“ eröffnet, das im Lande seinesgleichen sucht und zu einer Bastion der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 werden kann.

Neue Rangfolge im Land

Gewiss: Köln und Düsseldorf bleiben die vorherrschenden Metropolen der musealen Szene in NRW. … Weiterlesen

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Wer ohne Sünde ist…

Die meisten Kunstausstellungen vergleichen in erster Linie Bild mit Bild, ja sozusagen Pinselstrich mit Pinselstrich. Einige aber setzen ausdrücklich Bild und Wirklichkeit miteinander in Beziehung. Zu dieser anregenden Sorte gehört jetzt auch „Freiheit – Macht – Pracht“ im Wuppertaler Von der Heydt-Museum.

Hier wird niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts („Goldenes Zeitalter“) vornehmlich als Ausdruck der damaligen Politik, Wirtschaft, Religion und Gesellschaft verstanden. Daraus ergeben sich vielfach erhellende Ansichten.

Katalog und/oder Führung sind diesmal besonders ratsam: Denn erst wenn man die Hintergründe kennt, sieht man die Bilder mit anderen Augen. Bei all dem sollte man jedoch ihre Eigenständigkeit, ihren Eigen-Sinn zu schätzen wissen. Übers Dokumentarische hinaus bergen sie ja einen gehörigen künstlerischen „Überschuss“.

Die konfliktreiche Spaltung in nördliche (dauerhaft protestantische) und … Weiterlesen

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Baselitz, Lüpertz, Penck: Wurzeln in der Luft

Baselitz, Lüpertz, Penck – deren Kunstfertigkeiten kennt man doch zur Genüge. Vorgestern war’s ja noch halbwegs interessant. Doch längst sind wir viel, viel weiter fortgeschritten. Wir, die ach so versierten Kunstbetrachter…

Halt! So denken vielleicht oberflächliche Gestalten im Kreiseln und Kriseln des Kulturbetriebs, die stets gelangweilt nach dem Allerneuesten verlangen und sich den Anschein des durch nichts mehr zu verblüffenden Kenners geben. Elendes Ennui-Gehabe!

Oft, ja beinahe immer lohnt ein zweiter, ein anderer Blick aufs Gewesene. Zumal dann, wenn Künstler mit früheren, weniger bekannten Arbeiten aus Phasen präsentiert werden, als ihr Werk noch im Wachsen und Werden war. Und manchmal erst recht, wenn es sich nicht um auftrumpfende Hauptwerke, sondern um eher intime Zeichnungen handelt. Hier also sind tastende Versuche … Weiterlesen

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Dicht vor dem Sprung

Hat jemand schon einmal den Namen Hans Kohlschein gehört? Nein? Solche Unkenntnis wäre nicht verwunderlich.

Der Mann, von dem jetzt rund 160 Arbeiten im Schloss Cappenberg zu sehen sind, gehört zu den zahlreichen Künstlern, die bestenfalls am Rande wahrgenommen worden sind. Von dieser Art muss es zwangsläufig sehr, sehr viele geben, sonst könnten sich die wirklichen Größen der Kunstgeschichte ja von niemandem abheben. Banale Erkenntnis: Nicht alle können gleichermaßen ruhmreich sein.

Man müsste allerdings fragen: Ist dem gebürtigen Düsseldorfer Kohlschein (1879-1948) eventuell Unrecht geschehen? Hätte er mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen müssen? Haben Kritiker und sonstige Fachwelt einen spätimpressionistisch beeinflussten Genius schmählich übersehen? Ist er etwa (posthum) dafür bestraft worden, dass er sich nie vom Gegenständlichen abgekehrt hat? Und … Weiterlesen

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Kunst 1968: Alles auf Anfang

Zu „1968“ ist nun wahrlich so manches gesagt und gezeigt worden. Da fällt einem kaum noch etwas ein. Die meisten Restbestände vom Dachboden der Zeitgeschichte dürften zum 40. Jahrestag anno 2008 auf den Tisch des Hauses gekommen sein. Oder etwa nicht? *** (siehe Fußnote). Man glaubte jedenfalls, über die damalige Rebellion in groben Zügen einigermaßen Bescheid zu wissen.

Umso mehr verwundert nun der Ansatz der Bielefelder Kunsthalle. Dort steht die Kunst des Jahres 1968 unterm Leitwort „Unschuld“. Ja, das Motto lautet sogar „Die Große Unschuld“. Während andere Museen die politischen Aspekte von 1968 rauf und runter buchstabiert haben, steht Bielefeld mit dem ästhetischen Zugang ziemlich einzig da.

Nanu? Unschuld? Auf diesen vermeintlich Harmlosigkeit aufrufenden Begriff ist man nicht gerade gefasst, … Weiterlesen

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Gerhard Richter und seine Aura

Zunächst einmal ganz nüchtern, klipp und klar gesagt: Gerhard Richter stellt in der Duisburger Küppersmühle aus. Doch kann man so seine Begeisterung bändigen?

Diese Ausstellung hält, was der große Name verspricht. Da ohnehin kundige Kunstfreunde von nah und fern hierher pilgern werden, schenke ich mir mal eine „klassische Rezension“ mit den handelsüblichen Lobpreisungen.

Stattdessen dies: Bei der gestrigen Vorbesichtigung zeigte sich abermals das erstaunliche Phänomen einer inzwischen weitgehend fraglosen Richter-Verehrung, der man sich selbst nur schwer entziehen kann. Gestandene Journalisten und äußerst wählerische Kunstkritiker, die sonst schon mal gern die Nase rümpfen, werden da flugs zu gläubigen Jüngern. So mochte es auch gestern scheinen.

Jedes Wort aus dem Munde des Meisters wird da dankbar lächelnd als quasi-priesterliche Weisheit empfangen. Tatsächlich … Weiterlesen

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Modigliani in Bonn: Der Mensch ohne Beiwerk

Allein schon die Augen ! Wie Amedeo Modigliani (1884-1920) die Fenster zur Psyche gemalt hat, das ist einfach phänomenal. Mitunter lässt er die Höhlen ganz leer oder verleiht ihnen einen unbestimmbaren, pupillenlosen Schimmer. Und dennoch scheinen diese Gesichter den Betrachter aus großer Tiefe innig anzublicken. Ein Rätsel, ganz so wie die Menschenseele.

Bonns Bundeskunsthalle bietet jetzt eine furiose Werkschau des Italieners, der nur 35 Jahre alt wurde und in seiner kurzen Hauptschaffenszeit ab etwa 1909 ein Werk von bleibender Weltbedeutung hervorgebracht hat. Man kann natürlich nur darüber spekulieren, ob er seinen frühen Tod vorhergesehen hat. Darf sein Werk als „abgeschlossen“ gelten – oder hätte es sich noch ganz anders entwickeln können, vielleicht sogar im Sinne einer Verwässerung? Gleichviel.

Eine solche … Weiterlesen

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Markenzeichen: Letzter Bohemien

Markenzeichen müssen wohl sein: Er gilt als „letzter wahrer Bohemien” der Kunstgeschichte und hat sich als solcher wohl tatsächlich selbst inszeniert. Doch in Mick Davis‘ biographischem Filmdrama nimmt der Darsteller des Malers Amedeo Modigliani (1884-1920) derart viele Posen ein, dass er wie eine Karikatur aufs Künstlerleben wirkt.

Seine letzten Jahre auf Erden werden vor allem zugespitzt auf Duelle mit Pablo Picasso. Gleich der erste große Auftritt macht’s klar: Mit italienischer Grandezza tänzelt der aus Livorno stammende Modigliani (zunächst strahlender Frauenheld, jedoch mit starkem Hang zu Melancholie, Suff und Selbstzerstörung: Andy Garcia) ins pittoreske Künstlerlokal am Pariser Montmartre – und stiehlt Picasso die Schau, der dort mit seinen Bewunderern bechert. Ein maliziöses Wort gibt rasch das andere, und schon zieht der … Weiterlesen

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Toulouse-Lautrec: Brüchige Halbwelt

Henri de Toulouse-Lautrec, soso. Ist da nicht längst alles besehen und alles gesagt?

Nun ja, man wird jetzt auf Schloss Cappenberg schon einige Déjà-vu-Erlebnisse haben, wenn man die zahlreichen Farblithographien aus der Belle Époque betrachtet. Ein minimales Interesse an Kunst vorausgesetzt, kennt man solche und ähnliche Szenerien des brüchigen Luxus und der Moden aus den Pariser Cabarets, Varietés, Bars und Bordellen. Doch beim genauen Hinschauen kann man trotzdem noch spannende Einzelheiten entdecken.

Der bekanntlich kleinwüchsige, nach landläufigen Maßstäben alles andere als wohlgestalte Toulouse-Lautrec war – vermutlich in einer Gemengelage zwischen Anziehung und Abstoßung – fasziniert von den schimmernden, oft trügerisch galanten Halbwelten und brachte sie bildlich auf so manchen, seither stehenden Begriff. Eine von etlichen Inspirationsquellen waren dabei japanische Holzschnitte, … Weiterlesen

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